
© Promo/B. Raeder
Homepage: Schafe und Aliens
Filmstudenten der HFF drehen zurzeit in Potsdam und Berlin einen Mystery-Thriller für das ZDF
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Ein zerwühltes Bett in einem Hotelzimmer. Im dunkelgrün gekachelten Bad ein stilvoll arrangierter Blumenstrauß mit roten Blüten. Helles Sonnenlicht scheint auf die Hinterlassenschaften einer lustvollen Nacht. Das grelle Licht stammt von einem Scheinwerfer mit knapp einem halben Meter Durchmesser. Der ist im Hinterhof eines ehemaligen Verwaltungsgebäudes in Berlin aufgebaut. Philip Nauck, Student der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf in Babelsberg (HFF) und Christopher Lenke drehen gemeinsam ihren ersten großen Spielfilm, einen Mystery-Thriller.
„Mit Raumschiffen und Aliens haben wir als Jugendliche gespielt“, bekennt Christopher Lenke. Bisher drehten Lenke und Nauck alle Filme gemeinsam. Die beiden Regisseure von „Der Nachfolger“ packte schon früh die Faszination für Kino und Film. Kulissen aus Pappmaché, Weltraumtransporter aus Waschmittelkartons und allerlei anderes selbst Gebasteltes musste als Szenario für die ersten Schülerfilme herhalten. „Schließlich hat der halbe Abiturjahrgang bei unserem Film mitgemacht“, bemerkt Nauck. Nach einigen Musikvideos ging es dann mit einem Schaf weiter. „Rosi“ frisst sich nicht durch grüne Wiesen, sondern durch Wohnzimmerteppich und Sofacouch der Familie Schlowanz. Der Vierbeiner ist die Herausforderung für Herrn Stölzl. Der Vertreter scheut sich nicht, seinen Schaumreiniger dem Härtetest zu unterziehen.
Nachdem der Kurzfilm auf Festivals erfolgreich war, stand für die Nachwuchsfilmer endgültig fest, dass ihre Zukunft im Zelluloid lag. Trotz Anfangserfolgen in Hessen und der Nominierung für einen Filmpreis wollten die beiden dorthin, wo sie die Zukunft des deutschen Films vermuten. Also bewarben sie sich gemeinsam bei der HFF. Angenommen wurde allerdings nur Philip Nauck. „Unsere Ausgangsposition ist natürlich gleich, möglicherweise wollten sie davon nur einen haben“, spekuliert Lenke. Neben einigen fachbezogenen Übungen ist gelegentlich auch eine Trommeleinlage Teil der Aufnahmeprüfung, wundert sich Nauck. „Vielleicht wollen sie sehen, ob man sich auch so richtig zum Idioten machen kann“, mutmaßt der Regisseur.
Zwar haben die beiden Talente eine Vorliebe für Mystery und Science Fiction, aber sie haben auch schon Komödien und Dokumentationen gedreht. Nicht zuletzt, um als Filmer ein breites Spektrum abzudecken. „Wir haben keinen Plan B“, bemerkt Christopher Lenke, der seit der gescheiterten Bewerbung an der Filmhochschule als Filmvorführer in Teilzeit arbeitet. Trotzdem haben Lenke und Nauck das Drehbuch für den „Nachfolger“ gemeinsam geschrieben. Die Handlung ist einigermaßen verzwickt. Als ein Wirtschaftsprüfer sich durch die Buchungsunterlagen eines Großunternehmens wühlt, bemerkt er allerlei Ungereimtheiten und findet sich zudem immer weiter in die Position des Kollegen gedrängt, der die Arbeit zuvor erledigen sollte, jedoch auf mysteriöse Weise verschwunden ist. Irgendwer im Unternehmen spielt falsch und eine mysteriöse Frau spielt offensichtlich ein doppeltes Spiel.
„Die Stunde des Verbrechens“ heißt die vierteilige Fernsehreihe des ZDF, in dessen Rahmen der Film im Juli 2013 gesendet werden soll. Das öffentlich-rechtliche Programm tastet sich damit an neue Formate heran. „Das wird richtig spannend und aufregend. In der Erotikszene wackeln die Brüste“, weiß der Kameramann Benjamin Raeder, der schon einige Filme mit den beiden Regisseuren gedreht hat. 300 000 Euro kostet „Der Nachfolger“. Das ZDF und das Medienboard Brandenburg finanzieren den Film.
„Die beiden Regisseure treffen hier auf die wirkliche Filmwelt“, kommentiert der Produzent Ulrich Stiehm. Während beim Studentenfilm auch schon einmal die ganze Nacht gedreht würde, gehe das bei dieser Produktion nicht. Arbeitszeiten müssen eingehalten, Reisekosten und Übernachtungen gezahlt und überhaupt die ganze professionelle Infrastruktur für einen Film bereitgestellt werden. Obwohl der Abschlussfilm die erste Produktion dieser Größenordnung für die Crew ist, die ebenfalls zum größten Teil aus Studenten besteht, lässt der produzierende Fernsehsender ihnen weitgehend freie Hand. „Beim Cast hat der Redakteur uns einige Ratschläge gegeben, aber nicht eingegriffen“, stellt Nauck fest.
Die Hauptrolle spielt Max Riemelt. Der Nachwuchsstar aus Filmen wie „Napola“ oder „Die Welle“ ist eigentlich eher auf körperbetonte Rollen abonniert, spielt hier aber einen besseren Buchhalter. „Man sieht den Zahlenmensch, weiß aber da liegt mehr darunter“, sagt Nauck. Daher habe es ihn gereizt, die Rolle mit Riemelt zu besetzen. Richard Rabensaat
Richard Rabensaat
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