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Von Henri Kramer: Schallschutzfenster gegen Klagen

Rathaus zu Boardinghaus: Keine Garantien gegen Beschwerden – das Risiko soll aber minimiert werden

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Berliner Vorstadt - Mit Schallschutzfenstern will die Stadtverwaltung das Risiko minimieren, dass Bewohner des geplanten und heftig umstrittenen Boardinghauses in der Schiffbauergasse gegen nächtlichen Lärm vom mit 100 Millionen Euro errichteten Kulturstandort klagen.

Wie Stadtsprecher Stefan Schulz gestern nach Rücksprache mit dem Baubereich von Stadtentwicklungsdezernent Matthias Klipp (Bündnisgrüne) den PNN auf Anfrage sagte, sei die Baugenehmigung für das Boardinghaus mit der „Bedingung“ erteilt worden, dass der Bauherr „eine schalltechnische Prognose“ erstellen müsse. Diese werde durch das zuständige Landesumweltamt geprüft. „Die daraus resultierenden Anforderungen an den Schallschutz müssen dann durch den Bauherren bei der Realisierung des Vorhabens umgesetzt werden“, so Schulz – beispielsweise mit dem so erzwungenen Einbau von Schallschutzfenstern. Erst nach Klärung der Lärmfrage dürfe gebaut werden. Dies gelte auch bei einem möglichen Verkauf des Hauses an einen weiteren Investor, so Schulz.

Kritiker fürchten, das von dem Oldenburger Investor Dirk Onnen für acht Millionen Euro geplante Boardinghaus – eine Art Langzeithotel, in dem ab Mitte 2012 Gäste in 33 Apartments wohnen sollen – könne nächtliche Veranstaltungen in der Schiffbauergasse behindern. Aus diesem Grund hatte das Stadtparlament schon 2006 beschlossen, jegliche Wohnnutzung in der Schiffbauergasse auszuschließen. Allerdings ist der Beschluss aus Sicht der Bauverwaltung hinfällig, da er sich auf den nie in Kraft getretenen Bebauungsplan für das Gelände beziehe. Dieser B-Plan war nicht zustande gekommen, da wiederum die Bauverwaltung 2007 eine Frist für den Antrag versäumte.

Zugleich hatte Klipp erklärt, das Haus könne zur „Belebung“ des Kulturstandortes beitragen. Doch Garantien gegen Klagen könne niemand geben, hieß es gestern von Stadtsprecher Schulz. Allerdings könne das Klagerisiko „weitgehend minimiert“ werden – etwa über den Schallschutz. „Mit dem Bauherren besteht darüber hinaus Einvernehmen, in die Mietverträge Klauseln aufzunehmen, die privatrechtlich den Anspruch auf Klage gegenüber dem Vermieter ausschließen, sollte es doch zu Beeinträchtigungen aus dem Kulturbetrieb kommen“, sagte Schulz.

Dass ein Boardinghaus keine Wohn-, sondern eine gewerbliche Nutzung darstellt, wie außerdem jüngst von Klipp behauptet, wird allerdings selbst in seinem eigenen Haus bezweifelt. „Darüber streiten sich Juristen schon lange“, sagte ein Mitarbeiter Klipps, der anonym bleiben will. Auch die Wählergruppe Potsdamer Demokraten hat Zweifel: Ihr Sprecher Peter Schultheiß forderte gestern, die laut Stadt bereits Ende November 2010 erteilte Baugenehmigung auszusetzen. Es müsse durch ein Gutachten eines „angesehenen Wissenschaftlers“ geklärt werden, ob durch die Bebauung Gefahren für die Kultureinrichtungen bestehen oder nicht. Auch die CDU hat sich bereits „ablehnend“ gegenüber dem Projekt geäußert. Die Linke-Fraktion hat zudem einen Antrag für die nächste Stadtverordnetenversammlung gestellt, die Baugenehmigung zurückzunehmen. Ein entsprechender Beschluss wäre laut Schulz aber „unbeachtlich“. Die Aufhebung einer rechtmäßig erteilten Baugenehmigung wäre zudem „rechtswidrig“, so Schulz, neben „dem Imageschaden“ müsste das Rathaus mit Schadenersatzforderungen rechnen.

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