zum Hauptinhalt

Von Peer Straube: Schampus und teure Kirschen

Kontoauszüge Friedrichs II. widerlegen Knauser-Image / Kranzniederlegung zum 299. Geburtstag

Von Peer Straube

Stand:

Wenn’s um sein leibliches Wohl ging, war der Alte Fritz nicht knauserig. Champagner floss in Strömen, teures Obst bereicherte die royale Tafel ebenso wie Zucker- und Naschwerk. Auch kostbaren Stoffen war der König nicht abgeneigt. Mit dem schon fast legendären Mythos vom Sparfuchs unter den Hohenzollern hat dieses Bild wenig gemein.

So verspricht die Auswertung seiner privaten Schatullenrechnungen, das Image Friedrichs II. durchaus ein wenig zurechtzurücken. Tausende dieser „Kontoauszüge“ von Preußens bedeutendstem Herrscher werden von der Schlösserstiftung derzeit untersucht. Im Herbst sollen die Ergebnisse ins Internet gestellt werden, im kommenden Jahr sind die Originaldokumente dann Teil der großen Ausstellung zum 300. Geburtstag Friedrichs des Großen.

Den letzten vor dem Jubiläumsjahr – den 299. – beging die Stiftung am gestrigen Montag mit der Ehrung am Grab des Königs neben seinem Lieblingsschloss Sanssouci – eine Tradition, die noch unter dem früheren Stiftungschef Hans-Joachim Giersberg eingeführt worden war. Giersberg und sein Nachfolger Hartmut Dorgerloh sowie Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gehörten gestern zu der Schar posthumer Gratulanten. Gartendirektor Michael Rohde legte das Kranzgeflecht aus königlichem Lorbeer nieder, andere ehrten den Monarchen mit einer Auswahl verschiedener Kartoffelsorten – bekanntlich war es ja Friedrich, der dem Anbau des aus dem Inkareich stammenden Erdapfels in Preußen zum Durchbruch verhalf.

Friedrich sei ein „für Preußen und für Europa großer König“ gewesen, sagte Dorgerloh und führte als Beispiel den „Antimachiavell“ an. In dem 1740 von Voltaire herausgegebenen Werk setzt sich der junge Friedrich – noch als Kronprinz – kritisch mit Machiavellis Thesen zur Macht in dessen Buch „Der Fürst“ auseinander. Allerdings hatte Friedrich kurz in seinem politischen Testament seine jugendlich-aufklärerischen Gedanken wieder relativiert.

Dorgerloh erinnerte zudem an die lange Odyssee des toten Königs, dessen Wunsch, neben seinen geliebten Windhunden neben seinem Sommerschloss beerdigt zu werden, erst vor 20 Jahren in Erfüllung ging – gut 200 Jahre nach seinem Tod. Bekanntlich war Friedrich zunächst neben seinem Vater, dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., in der Garnisonkirche bestattet und gegen Kriegsende auf die Burg Hohenzollern gebracht worden. Erst 1991 wurde der letzte Wille Friedrichs II. erfüllt.

Jakobs lobte den Herrscher als „großen Sohn der Stadt“ und als „weisen Staatsmann, der sein Handeln reflektiert hat“. Dies könne man von den meisten seiner regierenden Zeitgenossen nicht behaupten. Wie die Schlösserstiftung werde auch die Stadt den 300. Geburtstag Friedrichs II. im kommenden Jahr gebührend würdigen, erklärte Jakobs.

So stehe 2012 als Themenjahr im Zeichen des Königs. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe der Länder Brandenburg und Berlin, in der auch die Stadt Potsdam vertreten sei, befasse sich mit den Schwerpunkten. Auch der Unesco-Welterbe-Tag werde sich dem Thema widmen. Das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte und das Potsdam-Museum würden ebenfalls einen Beitrag leisten. Er hoffe, so Jakobs, dass das Jubiläumsjahr dazu führe, das Bild des Königs „im Lichte neuer Forschung“ erscheinen zu lassen.

Die privaten Rechnungen des Alten Fritzen werden diesem Bild zweifellos interessante Facetten hinzufügen. Dorgerloh hatte bereits ein Beispiel aus dem dokumentarischen Schatz in petto, das das oftmals glorifizierte Gerechtigkeitsempfinden des Königs in einem recht zweifelhaften Licht erscheinen lässt. So habe Friedrich einmal für die Witwe eines verdienten Offiziers eine Jahresrente von zwei Talern ausgesetzt. Am gleichen Tag – es war im März – habe der König für sich selbst Kirschen geordert. Für 16 Taler. Nach heutigem Wert gut 1000 Euro.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })