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Johannes-Kepler-Platz: Solche Linke-Hochburgen brachten wegen der niedrigen Wahlbeteiligung am Sonntag vergleichsweise nur wenige absolute Stimmen für Kandidat Hans-Jürgen Scharfenberg. Er konnte das Wählerpotenzial seiner Partei nicht mobilisieren.

© M. Thomas

Von Henri Kramer: Scharfenbergs Niederlage

Selbst in Plattenbaugebieten liegt Jakobs auf Augenhöhe mit Linke-Kandidaten

Stand:

Die Linke in Potsdam kann sich bei Wahlen nicht mehr automatisch auf durchgängig deutliche Mehrheiten in den Plattenbaugebieten der Landeshauptstadt verlassen – und sie hat ein Mobilisierungsproblem bei ihrer Stammwählerschaft.

Die Besonderheiten der Potsdamer Wahlstatistik zeigen sich dabei im Detail: So hat Linke-Kandidat Hans-Jürgen Scharfenberg seinen angestammten Wahlkreis im Potsdamer Süden, in dem er zur Landtagswahl vor einem Jahr noch mit 42,8 Prozent über SPD-Kandidat Mike Schubert triumphierte, dieses Mal nur mit wenigen Stimmen Unterschied vor Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) behaupten können. In dem Bereich, zu dem Zentrum-Ost, die Teltower Vorstadt, der Schlaatz, die Waldstadt, der Stern, Drewitz und das Kirchsteigfeld gehören, gingen für Scharfenberg 8310 Wähler ihr Kreuz machen, für Jakobs 8065 Wähler.

Beim ersten Wahlgang vor zwei Wochen hatte Jakobs in dem Gebiet noch 6650 Stimmen erhalten – er konnte nun also rund 1400 Wähler zusätzlich für sich gewinnen. So eine Art der Mobilisierung gelang Scharfenberg nicht, in der jetzigen Stichwahl brachte er im Vergleich zur ersten Wahlrunde vor zwei Wochen – damals erhielt er 8002 Stimmen – nur rund 300 Wähler zusätzlich auf seine Seite.

Sowieso stehen die aktuellen Ergebnisse für Scharfenberg in keinem Vergleich zu jenen, die er vor einem Jahr in seinem Potsdamer Landtagswahlkreis erreichen konnte: Abzüglich der Briefwahlstimmen bekam er damals 11 943 Stimmen – rund 4000 mehr als jetzt; freilich damals auch bei einer Wahlbeteiligung von rund 66 Prozent gegenüber nur 30 Prozent in dem Gebiet wie zur aktuellen Wahl. „Wir konnten offensichtlich unsere Wähler nicht mobilisieren“, hieß es bei führenden Linken schon am Wahlabend. Selbst in seiner Hochburg am Johannes-Kepler-Platz erhielt Scharfenberg zur Stichwahl mit 235 Stimmen nur zwei mehr als noch vor zwei Wochen – und 74 weniger als bei den Landtagswahlen.

Der Trend in den Plattenbaugebieten ist ein Teil des eindeutigen Wahlergebnisses – der andere Teil ist, dass der alte und neue Oberbürgermeister Jakobs sein Potenzial an Wählerstimmen abrufen konnte. Wesentlich für seine Wiederwahl gesorgt haben dabei die Bewohner von Babelsberg, in der Brandenburger Vorstadt, in der Innenstadt, im Zuzugsgebiet Bornstedt und in den neuen Potsdamer Ortsteilen. In diesen Stadtteilen holte Jakobs jene großen Stimmenmehrheiten, die letztlich seine Wiederwahl mit 11 422 Kreuzen vor seinem Konkurrenten Hans-Jürgen Scharfenberg möglich machten.

Allein in Babelsberg liegt der Vorsprung für Jakobs bei 4323 zu 1989 Stimmen gegenüber seinem linken Herausforderer. Mit mehr als 1000 Stimmen Vorsprung siegte Jakobs auch in der Brandenburger Vorstadt sowie in der nördlichen Innenstadt vom Alten Markt bis in die Hegelallee. Ebenfalls konnte Jakobs die 11 300 Briefwähler mit 61,9 Prozent mehrheitlich auf seine Seite ziehen. Der Ortsteil Marquardt, in dem Scharfenberg im ersten Wahlgang noch knapp gewonnen hatte, ging nun mit 52 Stimmen Vorsprung oder 56,6 Prozent an Jakobs. In Groß Glienicke holte das SPD-Stadtoberhaupt sogar 76,9 Prozent – wie er auch in den anderen, dörflicher geprägten Ortsteilen durchweg mehr als 60 Prozent erzielte. „Dort hat sich der Amtsbonus von Jann Jakobs wohl besonders bemerkbar gemacht, da die Potsdamer Politiker dort wohl generell nicht so bekannt sind“, sagte gestern Reiner Pokorny, Chefstatistiker der Stadtverwaltung, bei der Vorstellung der Wahlergebnisse vor Journalisten.

Und noch etwas sagte Pokorny: Der Wahlaufruf, den CDU, Grüne und FDP im Vorfeld der Stichwahl für Jakobs abgegeben hätten, habe für eine „Stimmenverlagerung“ hin zu Jakobs gesorgt. So erreichten die drei gescheiterten Kandidaten von Schwarzen, Gelben und Grünen im ersten Wahlgang zusammen 10 992 Stimmen – Jakobs konnte nun in der Stichwahl insgesamt 8010 Wähler zusätzlich verbuchen. Auch im Vergleich zur Stichwahl 2002, in der Jakobs nur mit 122 Kreuzen Vorsprung vor Scharfenberg siegte, machte der SPD-Mann 10 767 Stimmen gut – Scharfenberg aber verlor 533 Wähler.

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