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Unter Arrest. Er sollte für sein Lebenswerk geehrt werden  stattdessen wurde Roman Polanski, hier im Filmmuseum Potsdam, in Zürich von Polizisten in Gewahrsam genommen. Studio Babelsberg kritisiert die Verhaftung und sagte die Teilnahme am Festival ab.

© M. Thomas

Landeshauptstadt: Schatten über Babelsberg

Studio Babelsberg protestiert gegen Polanskis Verhaftung – die Arbeit an seinem Film verzögert sich

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Gefangenenbefreiungen, rabiat, aber wirkungsvoll, sind seit jeher eine Spezialität von James Bond. Doppeltes Pech für Roman Polanski also, dass er für seinen neuesten, in Babelsberg gedrehten Film „The Ghost“ mit Pierce Brosnan nur einen ehemaligen 007-Darsteller engagiert hatte. Einige erfolgversprechende Möglichkeiten, aus der Züricher Auslieferungshaft wieder frei zu kommen, entfallen damit für den Oscar-Preisträger.

Immerhin hat der Regisseur, der wie berichtet in Zürich auf Basis eines US-Haftbefehls wegen einer mehr als 30 Jahre zurückliegenden Sexualstraftat verhaftet wurde und nun die Auslieferung und ein Gerichtsverfahren befürchten muss, fast die gesamte Filmwelt hinter sich: Eine Petition zur sofortigen Freilassung unterschrieben nach Angaben der französischen Autorenvereinigung SACD bis gestern mehr als 100 Filmschaffende, darunter Regie-Kollegen wie Woody Allen, Pedro Almodóvar, Martin Scorsese, Tom Tykwer und Wim Wenders. Für sie ist es „unannehmbar, dass eine internationale Kulturveranstaltung zur Ehrung eines der größten zeitgenössischen Cineasten in eine Polizeifalle verwandelt“ wurde – Polanski hätte auf dem Filmfestival Zürich für sein Lebenswerk geehrt werden sollen.

Auch Studio Babelsberg unterstützt die Petition. „Wir sind entsetzt, dass eine öffentliche Kulturveranstaltung für eine Polizeiaktion dieser Art ausgenutzt wird“, sagte Christoph Fisser, Studio-Vorstand und Koproduzent von „The Ghost“: „Es muss schnellstmöglich eine Lösung gefunden werden.“ Henning Molfenter, Chef der Studio Babelsberg Motion Pictures und Koproduzent der beiden in Babelsberg entstandenen Polanski-Filme „Der Pianist“ und „The Ghost“, hätte am heutigen Mittwoch eigentlich als Jury-Mitglied nach Zürich reisen sollen, sagte die Teilnahme aus Protest gegen die Verhaftung jedoch ab: „Ich kann unmöglich Filme als Jury-Mitglied begutachten, während Starregisseur Roman Polanski in der gleichen Stadt im Gefängnis sitzt“, sagt der Wahl-Potsdamer. Die Kritik richte sich unabhängig vom juristischen Sachverhalt und der Schuldfrage gegen die Art und Weise der Verhaftung, betonte Unternehmenssprecher Eike Wolf gegenüber den PNN.

Gegen die „willkürliche Behandlung Roman Polanskis“ haben auch die Internationalen Filmfestspiele Berlin protestiert und „seine sofortige Freilassung“ verlangt. „The Ghost“ wird bereits als möglicher Kandidat für die nächste, kurz vor dem geplanten Kinostart am 18. Februar beginnende Berlinale gehandelt.

Ob der Film bis dahin allerdings fertig ist, weiß momentan niemand – und es wird, je länger Polanskis Haft dauert, zunehmend unsicher. Zwar sei der Schnitt weitgehend abgeschlossen, sagte Polanskis Hollywood-Agent Jeff Berg gestern der Agentur AP. Aber andere Teile der Postproduktion, Musik und Sound, müssten eben noch fertiggestellt werden. Studiosprecher Wolf zweifelt nicht daran, dass der Film in die Kinos kommt, die Frage sei nur, wann. Bereits im Oktober war eine erste Voraufführung geplant – ein Zeichen dafür, dass die Fertigstellung weit vorangeschritten ist.

Aber selbst eine Verzögerung könnte Babelsberg in Nöte bringen. „Wir dürfen nur Filme als Umsätze buchen, wenn sie fertiggestellt sind – vorher aber nicht“, sagte Carl L. Woebcken, Vorstandsvorsitzender der Studio Babelsberg AG, dem Handelsblatt. Das Studio hatte bereits im Vorjahr mit Umsatzeinbußen und einem Ergebnisrückgang auf drei Millionen Euro zu kämpfen.

Deshalb hofft man in Babelsberg auf neue Projekte: Derzeit laufen bereits die Vorbereitungen für den Thriller „Unkown White Male“, für den Anfang 2010 unter Regie des Spaniers Jaume Collet-Serra Liam Neeson vor der Kamera stehen wird. Auch ein Projekt mit Roland Emmerich steht schon im Babelsberg-Kalender für 2010: Der Spektakel-Spezialist („Independence Day“) will diesmal leisere Töne anschlagen: In „Anonymous“ soll es um die Frage gehen, ob Shakespeare wirklich Verfasser seiner Werke war.Andreas Conrad/Jana Haase

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