Das Europäische Institut für Klima und Energie (EIKE) hat erneut Vorwürfe gegen die Forschungsarbeit des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) erhoben. EIKE-Vizepräsident Michael Limburg hat die Aussagekraft der Daten der langjährige Temperaturreihe der Potsdamer Säkularstation angezweifelt. Die seit 1893 ohne Unterbrechung erhobenen meteorologischen Daten seien nicht repräsentativ, da die Messstation bei ihrem Bau auf kahlem, ebenen Feld gestanden habe. Heute ist sie von Wald umgeben. „Dieser Waldwuchs erzeugt ein eigenes, warmes, windgeschütztes, lokales ,Bestands- und Mikroklima’ und erhöht im Jahresmittel die Temperatur, die gemessen wird, merklich“, behauptet Limburg.
Eine Korrektur dieses „Erwärmungseffektes“ habe nicht stattgefunden, wirft Limburg Prof. Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe vom PIK vor. Die Daten der Temperatur-Reihe von Berlin Dahlem – rund 14 Kilometer von der Potsdamer Messstation entfernt – ließen nach Limburgs Worten hingegen erkennen, dass in Berlin heute eine Durchschnittstemperatur herrsche wie am Anfang des 19. Jahrhunderts. Eine Erwärmung um anderthalb Grad seit 1893, wie vom PIK errechnet, lasse sich aus diesen Daten nicht erkennen.
Professor Gerstengarbe hat die Anschuldigungen gegenüber den PNN nun zurückgewiesen. Die Behauptung, dass der Waldwuchs ein eigenes, warmes Mikroklima erzeuge, und dadurch die Jahresmittel-Temperatur erhöhe werde nicht bewiesen. „Dazu müsste unter anderem nachgewiesen werden, dass der Baumbestand so dicht am Messfeld steht, dass eine turbulente Durchmischung der bodennahen Schicht nicht mehr möglich ist und die dann ,stehenden’ Luftmassen tatsächlich für eine überdurchschnittliche Erwärmung sorgen“, sagte Gerstengarbe. Er weißt auch daraufhin, dass in diesem Fall im Winter wiederum ein abkühlender Effekt eintreten würde, wenn sich ein Kaltluftsee bilde. Wissenschaftliche Untersuchungen hätten einen solchen Effekt im Wald allerdings widerlegt. Im Wald entstehe vielmehr durch den Windschutz, den Schatten und die Pflanzenwelt insbesondere im Sommer eine niedrigere Lufttemperatur als auf offenem Feld. Dies habe bereits 1975 eine Studie belegt.
Ein Anstieg der Jahresmitteltemperatur ist nach Angaben von Prof. Gerstengarbe den Potsdamer Messwerten eindeutig zu entnehmen. 1893 habe Potsdam bei rund acht Grad im Mittelwert gelegen, heute betrage das Mittel fast zehn Grad: „Wir messen anderthalb Grad mehr.“
Ein Vergleich mit den Messdaten der Station Lindenberg, die rund 60 Kilometer südöstlich von Potsdam auf freiem Feld liegt, zeige, dass der Verlauf der Jahreswerte der Lufttemperatur an beiden Stationen über einen Zeitraum von 1907-2008 fast deckungsgleich war. „Es ist also unsinnig zu behaupten, der Potsdamer Temperaturtrend generiere sich durch das Wachstum der im weiteren Umfeld stehenden Bäume“, so Gerstengarbe.
An der Säkularstation werden seit 1893 alle relevanten meteorologischen Parameter erfasst. Auf Grund der langen Messreihe und der hohen Datenqualität ist die Station eine der Klimareferenzstationen der Meteorologischen Weltorganisation (WMO). Sie repräsentiert unter anderem die tendenzielle Entwicklung der deutschen Mitteltemperatur.Jan Kixmüller
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