Landeshauptstadt: Schäuble auf dem Stundenplan
Bundesinnenminister verteidigt Sicherheitskonzepte gegen Kritik der Helmholtz-Gymnasiasten
Stand:
Kritische Fragen drinnen, ein Banner mit dem Spruch „Kinder, heute nicht widersprechen, Onkel Schäuble erklärt die Freiheit“ draußen – beim Wort genommen haben die Schüler des Helmholtz-Gymnasiums die Aufforderung nicht. Sie diskutierten und widersprachen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble bei seinem Besuch im Rahmen der Europawoche gestern in Potsdam. Ein Streitgespräch über die Sicherheitspolitik Deutschlands und der Europäischen Union entwickelte sich in den 90 Minuten Ministerbesuch. Schulleiter Dieter Rauchfuß resümierte mit einem Zitat Willy Brandts: Die Jugend soll revolutionär sein, damit sie später gute Demokraten sind.
Ein Warm-up gab es für Schäuble nicht. Mit der Frage, ob bestimmte Ausgleichsmaßnahmen das Schengener Abkommen nicht einschränken würden, eröffneten Felicitas Eichhorn und Tobias Koch aus der Europa-AG die Diskussion. Der Konter des Ministers: „Ich glaube, diese Frage ist unberechtigt“, sagte er, bevor er doch noch eine Antwort darauf fand.Schäuble (CDU) hat vor den Schülern seine Sicherheitskonzepte, wie etwa die Gründung eines Nationalen Sicherheitsrats und die Vorratsdatenspeicherung verteidigt. „Europäische Einigung ist mehr Freiheit, aber nicht weniger Sicherheit“, sagte er. „Wir machen aus Europa aber keine Festung“. Die Pläne der Union für einen Nationalen Sicherheitsrat hatten zuletzt Zwist in die Koalition gebracht.
Vor dem Hintergrund der Bekämpfung des internationalen Terrorismus stehe er hinter der Schaffung eines Nationalen Sicherheitsrats, sagte der Minister vor den etwa 60 Schülern der 10. und 13. Klasse. Ein Schüler fragte beispielsweise, ob ständige schärfere Sicherheitsmaßnahmen der Weisheit einziger Schluss wären? Nein, sagte Schäuble, eine hundertprozentige Sicherheit gebe es nie. Und wer sie anstrebe, „erntet am Ende eine stumpfsinnige Diktatur“. Der Terrorismus könne nicht allein durch eine ständige Verschärfung der Sicherheitsgesetze eingedämmt werden. Hass und Intoleranz müssten ebenso bekämpft werden. Schäuble betonte, „seit Adam und Eva haben immer welche gehackt“. Dies sei nicht zu verhindern. Er warb daher bei den Gymnasiasten um Verständnis für neue Wege bei der Verbrechensbekämpfung. Der technische Fortschritt mache dies möglich und nötig, so Schäuble. „Es ist eine völlig andere Welt, darauf müssen die für Sicherheit Zuständigen reagieren.“ Als Beispiel nannte er die Entwicklung der Polizei. Als es noch keine Autos gab, brauchte auch die Polizei keine. „Heute können wir Polizisten, die einen Porsche-Fahrer verfolgen, ja auch nicht mit dem Radl hinterherschicken“. So sei dies auch bei der Verbrechensbekämpfung im Internet zu sehen.
Die Grundskepsis im Auditorium blieb dennoch. Doch Schäuble zeigte sich kämpferisch: „Junge Menschen wie sie haben so wenig Vertrauen in den Staat, das überrascht mich“, sagte er und machte einen Test: Wenn alles so schlimm ist, sollten die Schüler ihre Hände heben, deren Eltern oder sie selbst schonmal in Untersuchungshaft gesessen oder eine Hausdurchsuchung erlebt haben – die Hände blieben unten. Er gab den Schülern den Rat: Gymnasiasten sollten begreifen, sich für diese Demokratie zu engagieren. „Wenn in euren Augen alle nichts taugen, macht es besser“, so Schäuble. „Wir müssen uns zusammen um Europa kümmern.“
Noch bis zum 11. Mai sind in Brandenburg im Rahmen der Europawoche mehr als 100 Veranstaltungen geplant. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) ist heute in der Heinrich-Zille- Grundschule Stahnsdorf zu Gast.
- CDU
- Die EU
- Jugend
- Polizei in Potsdam
- Schule
- Schule und Kita in Potsdam
- Terrorismus
- Vorratsdatenspeicherung
- Wolfgang Schäuble
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: