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Umstrittener Lückenschluss. Für vier Grundstücke auf dem Glienicker Horn, alle in erster oder zweiter Reihe zum Wasser hin ausgerichtet, gibt es noch Baurechte. Ein dreigeschossiger Rohbau steht schon. Auf den anderen Grundstücken sollen weitere Zwei- und Dreigeschosser entstehen. Die Folgen für den Welterbestatus der Stadt sind noch unklar.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Schelte für Schlappe am Glienicker Horn

Stadtverordnete kritisieren fraktionsübergreifend die Informationspolitik der Bauverwaltung. Folgen für Welterbestatus unklar

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Berliner Vorstadt - Die Potsdamer Bauverwaltung muss viel Kritik einstecken: Es geht um ihre Informationspolitik zur umstrittenen Bebauung des sensibel in der Potsdamer Parklandschaft gelegenen Glienicker Horns. Das Vorgehen des von Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) geführten Ressorts stößt dabei bei Stadtpolitikern auf Unverständnis.

SPD-Fraktionschef Mike Schubert sagte den PNN am Mittwoch, er würde sich wünschen, von drohendem neuen Ärger der Stadt mit den Unesco-Welterbehütern „nicht aus der Zeitung erfahren zu müssen“ – sondern direkt vom zuständigen Fachbereich. Die langjährige Bauexpertin der Grünen, Saskia Hüneke, nannte die Informationspolitik „kritikwürdig“ – die Abstimmung mit der Unesco müsse besser funktionieren. Oppositionschef Hans-Jürgen Scharfenberg (Linke) sagte, er habe generell kein Verständnis dafür, dass sich die Stadt in dem gesamten Verfahren nicht habe durchsetzen können. „Für solche Fälle gibt es rechtliche Instrumente, die man aber auch entsprechend einsetzen muss“, so Scharfenberg.

Am Mittwoch hatten die PNN berichtet, dass 20 Jahre nach der Bebauung des Glienicker Horns, die Potsdam damals fast den Status als Welterbestadt gekostet hat, auf der Landzunge gegenüber des Babelsberger Parks neue vier bis zu dreigeschossige Wohnhäuser errichtet werden. Damit werden in dieser exponierten Lage die letzten Baulücken geschlossen – obwohl diese eigentlich unbebaut bleiben sollten. Das sah ein Kompromiss vor, den Stadtverwaltung und Unesco Mitte der 90er-Jahre verabredet hatten – nachdem die Welterbehüter die damals vorgenommene Bebauung des Glienicker Horns mit einer eingezäunten Villensiedlung als Bausünde und schweren Eingriff in die preußische Kulturlandschaft gewertet hatten. In der Folge hatte die Stadtverwaltung aber vergessen, das Baurecht für das leere Areal zu streichen. Das aber fiel erst auf, als ein Investor die Grundstücke vor zehn Jahren kaufte – diese wurden später von den Stadtverordneten zur Grünfläche erklärt. Nach einem Streit um Entschädigungen für den Investor gab das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg schließlich vor zwei Jahren der Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung statt. Mit neuen Eigentümern wird nun gebaut.

Linke-Chef Scharfenberg sagte, seine Fraktion werde bei dem Thema nachhaken, ob die Stadt tatsächlich hilflos sei: „Die Frage ist, ob es doch noch Möglichkeiten gibt, diese nicht gewollte Entwicklung zu stoppen.“ An eine Lösung im Sinne der Landeshauptstadt glaubt SPD-Mann Schubert dagegen kaum noch: „Das Ganze ist höchst ärgerlich, im Nachgang aber wohl leider nicht mehr zu heilen.“

Die seit Anfang der 90er-Jahre in der Stadtpolitik aktive Saskia Hüneke erinnerte daran, dass die Errichtung der Villensiedlung erst durch einen Stadtverordnetenbeschluss 1993 möglich gewesen sei – gegen den Rat der Grünen, an dieser sensiblen Stelle die Baurechte zu begrenzen. „Nun rächen sich alte Fehler.“ Aus der Niederlage müssten auch Lehren für jetzige Bauvorhaben gezogen werden, sagte Saskia Hüneke – insofern, dass die Potsdamer Kulturlandschaft nicht dem Druck von Investoren zum Opfer fallen dürfe. Denn gerade die Schönheit ihrer Stadt mache die Lebensqualität für die Potsdamer aus, fügte die Grüne-Politikerin hinzu.

Welche Folgen der Bau der vier mehrgeschossigen Wohnhäuser auf der Landzunge neben der Glienicker Brücke hat, etwa auf den Potsdamer Welterbestatus, blieb auch am Mittwoch unklar. Ein Sprecher des Landeskulturministeriums sagte, kurzfristig könne man zu möglichen Auswirkungen keine Stellungnahme abgeben. Das Ministerium ist auch oberste Denkmalschutzbehörde. Ein Sprecher der Deutschen Unesco-Kommission verwies wiederum auf das Ministerium. Beim Internationalen Rat für Denkmalpflege (Icomos), der die Unesco in Welterbefragen berät, hatte man bereits Kritik an der Stadt geübt – über die Bautätigkeiten am Glienicker Horn hätte man informiert werden müssen, hatte der zuständige Icomos-Sprecher Thomas Ludwig bereits erklärt. Nun wird dort der Fall geprüft.

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