Landeshauptstadt: Schiffbauergasse ohne Bebauungsplan
Stadt verpasste europäische Anpassungsfrist / Deshalb einfache Baugenehmigung für Parkhaus
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Berliner Vorstadt - Der Kultur- und Gewerbestandort Schiffbauergasse, das ambitionierteste Projekt der Stadtentwicklung Potsdams und einzigartig im Land Brandenburg, steht ohne Aussicht auf einen gültigen Bebauungsplan da. Der Potsdamer Bauverwaltung gelang es nicht, den B-Plan „Schiffbauergasse-Süd“ bis zur Frist 20. Juli 2006 zum Satzungsbeschluss zu bringen. Bis zu diesem Datum durften nach dem Europarechts-Anpassungsgesetz Bau, das am 20. Juli 2004 in Kraft trat, bereits begonnene B-Pläne nach geltendem Bundesrecht abgearbeitet werden. Da dies für die Schiffbauergasse nicht gelang, muss das Planungsverfahren faktisch neu aufgerollt werden und nach europäischen Standards erfolgen – umfängliche Umweltverträglichkeitsprüfungen sowie Abwägungs- und Anhörungsmodalitäten sind notwendig.
Potsdams Planungschef Andreas Götzmann ließ am Dienstagabend am Rande des Bauausschusses gegenüber den PNN offen, ob die Stadt überhaupt einen neues Bebauungsplanverfahren für die Schiffbauergasse anschieben will: „Es ist fraglich, ob das noch getan wird. Das muss man sich im Detail ansehen.“
Der Hintergrund: Die Verwaltung hofft offenbar, auf andere Weise als durch einen B-Plan die Sanierungsziele für die Schiffbauergasse zu „konkretisieren“, wie dies Dieter Lehmann, Fachbereichsleiter Stadterneuerung und Denkmalpflege, im Ausschuss ausdrückte. Wenig amüsiert reagierte der Vorsitzende des Ausschusses für Stadtplanung und Bauen, Christian Seidel (SPD): Das sei „eine verblüffende Formulierung“, die er zum ersten Mal höre. „Wenn der B-Plan obsolet ist, dann juckt es wohl nicht, was die Stadtverordneten in den B-Plan reingeschrieben haben“, empörte er sich. Umstritten sind insbesondere die Höhenmaße noch zu errichtender Bauten.
Die Information über den gescheiterten Bebauungsplan für Brandenburgs bedeutendsten Kulturstandort gab die Stadtverwaltung erst auf Verlangen von Seidel. Ihm war im Ausschuss vergangene Woche merkwürdig vorgekommen, dass die Verwaltung gemeinsam mit dem Sanierungsträgerchef Erich Jesse und dem Architekten Moritz Kock so umfänglich die Höhenverhältnisse des künftigen Parkhauses an der Schiffbauergasse diskutieren ließ. Hierbei wurde explizit über die Höhe eines Büroturmes debattiert, welcher zu den Gewerbebauten gehört, die das Parkhaus umgeben sollen, um es optisch abzuschirmen. Der Software-Riese Oracle, bereits am Standort vertreten, hat sein Interesse bekundet, den Turm anzumieten (PNN berichteten).
Infolge des fehlenden Bebauungsplanes kann dem Büroturm nun nicht eine Baugenehmigung nach Paragraf 33 erteilt werden. Vielmehr müsse laut Goetzmann nach Paragraf 34 verfahren werden. Nach Paragraf 34 Baugesetzbuch aber darf und muss sich ein Bauherr nach der Umgebungsbebauung richten. Dies wäre für den Büroturm das Oracle-Hochhaus mit einer Höhe von 30 Metern. Nach Entwürfen Kocks soll der Turm 23 Meter hoch werden. Dies war Seidel und Saskia Hüneke (Bündnisgrüne) schon in der vergangenen Woche zu hoch, sie plädierten für 19,50 Meter. Ausschuss und Verwaltung kamen überein, die Positionen des Landesdenkmalschutzes und der Schlösserstiftung zu dem Turmbau einzuholen, bevor eine Baugenehmigung erteilt wird.
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