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Landeshauptstadt: Schilfgürtel statt Gestank

Heute sieht der Bornstedter See nicht nur gut aus – er lebt wieder. Dafür nutzt das Naturkundemuseum die Biomanipulation

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Zwischen Bornstedter Straße und Ribbeckstraße liegt er, der Bornstedter See. Als einziger Potsdamer See hat er keinen Zufluss. Dieses Alleinstellungsmerkmal wäre dem Gewässer vor etwa 20 Jahren beinahe zum Verhängnis geworden. „Es roch dort nicht gerade gut“, erinnert sich Detlef Knuth, Chef des Potsdamer Naturkundemuseums. Für die Geruchsbelästigung waren Faulgase verantwortlich, die aus dem verrottenden Schlamm auf dem Seegrund aufstiegen. Außerdem hatte die jahrelange Einleitung von Abwässern aus einer Wäscherei der sowjetischen Armee dem See eine ungewöhnliche Note verliehen. „Es roch nach Chemie“, so Knuth. Der See war kurz davor umzukippen. Knuth verantwortet als Chef des Naturkundemuseums die Bewirtschaftung des städtischen Gewässers. Heute macht der Bornstedter See nicht nur geruchlich einen deutlich besseren Eindruck. Am Ufer wächst inzwischen Schilf. Und auch unter Wasser habe sich viel zum Besseren verändert, so Knuth. Seit 2001 entwickelten sich wieder Unterwasserpflanzenbestände von Tausendblatt und Hochblatt, so Knuth. Der 470 Meter lange und 90 Meter breite See ist Lebensraum von mehreren Libellenarten. Erdkröte und Teichfrosch nutzen ihn als Laichgewässer. Hier suchen Graureiher, Stockente und Mandarinente nach Nahrung.

Um das zu erreichen, nutzte das Naturkundemuseum das Mittel der sogenannten Biomanipulation. Dabei wird künstlich in die Nahrungskette eingegriffen. Seit Mitte der 90er Jahre wurden Raubfische im Bornstedter See ausgesetzt, insbesondere Hechte. Diese haben als natürliche Fressfeinde den Karpfenbestand im See reduziert. „Es gab einen Massenbestand an Weißfischen“, so Knuth. Diese hatten sich mangels natürlicher Feinde stark vermehrt. Auf ihrer Nahrungssuche wühlten sie den Schlamm auf. In dem trüben Wasser konnten sich kaum Wasserpflanzen entwickeln. „Ihnen fehlte einfach das Licht“, so Knuth. Auch die Karpfen waren mit menschlicher Hilfe in den See gekommen. Bis 1990 war er fischfrei.

Die Karpfen ernähren sich von Wasserflöhen und filtrierenden Kleinkrebsen. Diese sorgen für klares Wasser, indem sie einzellige Algen abernten. Kurz gesagt: Gibt es zu viele Karpfen, schadet es dem See. Das gilt besonders dann, wenn viel nährstoffreiches Oberflächenwasser wie im Bornstedter See in das Gewässer gelangt. Das Naturkundemuseum begann bereits ab Anfang der 80er Jahre mit der Forschung an Gewässern, ab 1986 auch am Bornstedter See. Dieser war durch die jahrzehntelange Algenblüte verschlammt und im Durchschnitt nur noch einen Meter tief. Deshalb wurde im südlichen Teil im Jahr 1992 und 1993 eine 1,5 Meter dicke Sedimentschicht abgebaggert. Die Sanierung wurde vom Land gefördert. Heute schätzt Knuth eine maximale Wassertiefe von zwei Metern. Der Nordteil blieb damals unberührt. „Dieser Teil neigt zur Versandung“, sagte Knuth. In fünf bis zehn Jahren müsse das nördliche Drittel ausgebaggert werden. Bis dahin nutzt das Naturkundemuseum das Fischereirecht und entnimmt hier auch Fische für sein Aquarium. Fremde Angeln möchte Knuth nicht im Bornstedter See sehen. „In Potsdam gibt es genug andere Angelgewässer“, so Knuth. Er fürchtet Schäden am Uferbereich, wenn viele Angler nach Plätzen suchen. Das Gesamtensemble soll geschützt werden. Auch in Zukunft sollen keine Boote auf dem See fahren. Der Flachsee würde das nicht vertragen. „Da wehre ich mich“, sagte Knuth.

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