Landeshauptstadt: Schillernde Insekten und ein schwarzes Meer
Beim Unesco-Tag im Park Babelsberg führte ein großer Gartengestalter persönlich durchs Welterbe
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Betörend lieblich liegt der Duft von Rosen in der Luft. Hier und da flattert ein Schmetterling umher und liefert sich ein tänzerisches Duett mit blauschimmernden Libellen. Ab und an weht der Wind vom Wasser her Kindergeschrei nach oben zum Schloss, von dem sich Gerhard Vondruska als Fürst Pückler in seinen Ausführungen aber nicht stören lässt.
Im Rahmen des bundesweiten Unesco-Tages, der am gestrigen Sonntag zusammen mit dem Kindertag in einem großen Familienfest im Babelsberger Stadtbad gefeiert wurde, führte er Interessierte durch den Park Babelsberg. Dabei mimte er nicht nur perfekt den etwas selbstverliebten Fürsten Hermann von Pückler-Muskau, sondern offenbarte auch so manches Geheimnis des Parks.
Im Jahre 1843 wurde Pückler als Nachfolger von Peter Joseph Lenné mit der Gestaltung der Gartenanlagen rund um das Schloss Babelsberg beauftragt. „Lenné hatte den Fehler gemacht und zu viele exotische Pflanzen angebaut“, erklärt Vondruska alias Fürst Pückler. „Die sind ihm dann alle eingegangen und das hat der späteren Kaiserin Augusta gar nicht gefallen. So kam ich ins Spiel.“ Er ergänzte das von Lenné entworfene Wegesystem und entwickelte eine Strategie zur effektiveren Bewässerung des Parkes. Mithilfe einer Dampfmaschine, die laut Pückler über 65 Pferdestärken und ein System von gusseisernen Rohren verfügte, die sich durch den ganzen Park zogen, war es nun möglich, überall Wasserzugang zu bekommen.
Doch nicht nur der Praxis, sondern auch des Vergnügens wegen waren die Wasserleitungen wichtig. „Natürlich waren auch bei uns Wasserspiele sehr beliebt“, sagt Vondruska. „Von daher entwarf ich das ,Schwarze Meer’, was auch ein wunderbarer Ort für ungestörte Treffen mit der Damenwelt war.“ Auf der Anhöhe im nördlichen Teil des Parkes ließ Pückler eine Wasserlandschaft anlegen, deren Grund mit Kieseln aus schwarzem Vulkangestein ausgelegt wurde. Rund um den künstlichen See wuchsen Trauerweiden, kleine Inseln im Wasser boten romantische Ruderbootausflugziele. Heute sieht man davon nichts mehr, die Pflanzen haben sich das Gebiet zurückgeholt.
Um seiner Tätigkeit als Schriftsteller ein Denkmal zu setzen, hatte Pückler ganz in der Nähe ein steinernes Tintenfass errichten lassen, das bis heute zu sehen ist. „Früher stand hier auch noch eine Statue von Amor und Psyche“, sagt Vondruska. „Aber die hat man leider fortgeschafft.“
Überhaupt habe sich viel im Park verändert: So sei es zu seiner Zeit ein reiner Eichenwald gewesen, der zur Wildschweinjagd gedacht war. Die Eichen seien aber nach und nach abgeholzt worden. Auch die sogenannte Feldherrenbank, die an den Deutsch-Französischen Krieg erinnert, ist heute nur noch ein Schatten ihrer Pracht. „Hier standen einst Büsten der preußischen Generäle, ganz nach römischem Vorbild“, so Vondruska. „Daran erinnern jetzt nur noch die Eisenpfähle.“ Dafür ist das Babelsberger Schloss so prachtvoll wie eh und je, auch wenn es derzeit zur Restaurierung eingerüstet ist. Im direkten Schlossgarten weist Vondruska auf den Rosenpavillon und die Rosentreppe hin, die mit ihrem lieblichen Duft auch so manches Insekt anlocken.
Ein Vorteil, den sicher auch Katharina Sliwinski vom Potsdamer Naturkundemuseum gerne genutzt hätte. Unter dem Motto „Tierisches Leben im Unesco- Welterbe“ brachte sie gestern den Kindern die flirrende Welt der Insekten näher. „Es ist mir wichtig, dass Kinder Insekten nicht immer nur als eklig empfinden“, sagte die 26-jährige Entomologin. „Sie sind ja schließlich auch Teil unseres Ökosystems.“ Da in unmittelbarer Nähe des Stadtbades aber keine Rosen wachsen, musste sie die Insekten erst mal von den Sträuchern herunterschütteln. Mit weißen Tüchern wurde die Krabbeltiere aufgefangen und dann vorsichtig in Lupengläser gesetzt, sodass die Kinder sie ganz aus der Nähe betrachten konnten. Die Schwestern Luise (9) und Sophie (11) konnten eine männliche Hufeisen-Azurjungfer einfangen. Die blau leuchtende Libelle genoss allgemeine Bewunderung. „Die ist echt schön“, sagt Sophie. „Vor der habe ich keine Angst.“ Die vierjährige Lucy versuchte derweil, zwei von ihr gefangene Gartenlaubkäfer zu erziehen. „Die sollen aufhören miteinander zu kämpfen“, sagt sie bestimmt. „Aber die hören einfach nicht.“ Zusammen mit ihren beiden Schwestern und den Eltern wagt sie sich am weitesten ins Gebüsch und hat sichtlich Spaß an den Krabbeltieren. Luise und Sophie halten hingegen immer wieder ängstlich nach Zecken Ausschau, die glücklicherweise fortbleiben. „Aber es ist voll interessant“, sagen sie. „Und das Fest macht auch Spaß. Wir haben schon fast alles ausprobiert.“ Etwas enttäuscht sind sie allerdings, als sie erfahren, dass die Punkte der Marienkäfer gar nichts mit deren Alter zu tun haben. Die schwarzen Flecken markieren lediglich die verschiedenen Arten, wie Sliwinski erklärt.
Auch wenn beide Führungen rund um den Park eher mäßig besucht waren, das Kinderfest selbst war ein voller Erfolg. Die meisten Kinder interessierten sich aber eher für Hüpfburg und Fußballtorwand als für das Unesco-Welterbe.
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