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Landeshauptstadt: Schinkel mit Engeln und Fernsicht

Die Sanierung der Nikolaikirche ist abgeschlossen

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Innenstadt - Alles neu: Acht Jahre lang ist die Fassade der Nikolaikirche saniert worden, nun ist sie fertig. Das von Karl Friedrich Schinkel entworfene Denkmal trägt statt schmutzigem Grau wieder sandfarbene Pastelltöne, vier neue Engelskulpturen krönen die Türme, ein neuer Kranz aus Palmblattnachbildungen ziert das Kuppeldach. Das Baugerüst ist weg, Ende Juli sollen alle Arbeiten beendet sein.

Das klassizistische Bauwerk, das 1837 geweiht und erst 13 Jahre später endgültig fertiggestellt wurde, zählt zu den bedeutendsten Arbeiten Schinkels. Die Bundesregierung hat die Kirche in die Liste der Kulturdenkmäler von nationaler Bedeutung aufgenommen. Doch die Sanierung stand immer wieder auf der Kippe. Rund 5,2 Millionen Euro hatte die evangelische Kirchengemeinde beim Bauantrag 2001 eingeplant, sagt der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates, Joachim Uhlig. „Nun werden es wohl 6,7 Millionen Euro werden.“ Versteckte Mängel, die erst während der Bauarbeiten zu Tage traten, haben die Kosten nach oben getrieben. Das Winterwetter hat den Bau verzögert. Und die Gemeinde hatte sich in der Euphorie am Anfang verkalkuliert. „Wir waren ein bisschen blauäugig und haben den Sanierungsbeschluss ohne Finanzierungsplan gefasst“, erinnert sich Uhlig. Für den ersten, 900 000 Euro teuren Bauabschnitt, die Ostfassade, gab es 850 000 Euro Zuschüsse von der öffentlichen Hand, der Landeskirche und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Und so hätte es nach Vorstellung der Gemeinde auch weitergehen können. Doch dann gab es Probleme, es gab kein neues Geld – und es drohte ein Desaster. Denn die gesamte Sanierung sollte in sechs Jahren abgeschlossen werden, sonst hätte die Gemeinde mit ihren rund 2700 Mitgliedern alle bisherigen Fördermittel mit Zinsen wieder zurückgeben müssen. „Wir hätten 1,3 Millionen Euro zurückzahlen müssen und nur eine Wand fertig gehabt“, sagt Uhlig trocken.

Dann gab es doch neue Fördermittel und etwas Aufschub, der Bundeskulturbeauftragte ist eingesprungen, die Landeskirche hat ihren Anteil erhöht und auch der Kirchenkreis sowie mehrere Stiftungen haben sich beteiligt. Die Gemeinde hat Kredite aufgenommen und sich mit zwei Millionen Euro für rund 30 Jahre verschuldet. Dezent und doch unübersehbar wird nun in der Nikolaikirche auf die Finanzprobleme hingewiesen. Zwei Tafeln bitten auf Deutsch und Englisch um Spenden. Am Eingang werden Schokoladenherzen mit Bildern der Kirche angeboten, „Spende 1,50 Euro“ steht auf dem Schild davor. Wer in den Innenraum gelangen will, muss einen angeketteten Opferstock aus stabilem Metall passieren, der hüfthoch mitten im Weg steht.

Um Geld aufzutreiben, ist die Gemeinde auch ungewöhnliche Wege gegangen, nicht immer mit dem erhofften Erfolg: Die Werbung für den Filmpark Babelsberg mit einem Großplakat unterhalb der Kuppel wurde mit dem Verzicht auf Fördermittel der Deutschen Stiftung Denkmalschutz bezahlt. Die eingerüstete Kirche wurde als Drehort für einen Kinofilm genutzt. Und vor einem Jahr ist in über 40 Metern Höhe eine Aussichtsplattform eröffnet worden. Die Eintrittsgelder sollen zum Schuldenabbau beitragen. Anfang Juli wurde bereits die 10 000. Besucherin begrüßt. Yvonne Jennerjahn

Yvonne Jennerjahn

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