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Knobeln mit Zahlen. Die Urania hat gemeinsam mit dem Helmholtz-Gymnasium den Matheklub wieder aufleben lassen. Dort können die Schüler und Schülerinnen sich unter anderem auf die jährliche Matheolympiade vorbereiten.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Schlaumeier unter sich

Besser rechnen als der Papa: In Potsdam gibt es wieder einen Matheklub. Organisiert wird er von der Urania

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Es ist großartiges Fußballwetter, aber das tangiert die Viert- und Fünftklässler, die an diesem Nachmittag ins Helmholtzgymnasium kommen, sozusagen nur peripher. „Beim Fußball rennt man nur dem Ball hinterher, das ist langweilig“, sagt einer. „Hier machen wir immer etwas anderes, wir haben viel Spaß.“

Hier – das ist der Matheklub, der jeden Donnerstag in der Schule in der Kurfürstenstraße stattfindet. 40 bis 50 Kinder von der vierten bis zur achten Klasse aus ganz Potsdam und zum Teil aus umliegenden Gemeinden machen dann freiwillig Mathe-Überstunden – in kleinen, homogenen Klassengruppen. Dabei beschäftigen sie sich mit Aufgabenstellungen, die im Matheunterricht selten in dieser Form auftauchen. Der reguläre Unterricht fordert die Kinder selten heraus, sagen sie selbst. „Immer wird alles wiederholt. Ich bin in Mathe schon eine ganze Klasse weiter“, sagt ein Junge.

Das ist nichts Besonderes in der Truppe. Sie wirken wie kleine, pfiffige Schlaumeier, die hier endlich mal unter sich und ganz ernsthaft knobeln und rätseln können. Am vergangenen Donnerstag ist Dieter Rauchfuß zu Besuch. Der Lehrer für Geschichte, Politik und Erdkunde war bis Januar 2013 noch Helmholtz-Direktor. Außerdem ist er der Vorsitzende des Urania-Vereins und hat nun den Matheklub wiederbelebt. Bis vor einem Jahr gab es einen solchen Klub noch am Potsdamer Treffpunkt Freizeit, eine verlässliche Kaderschmiede für Teilnehmer an den Matheolympiaden. Doch der langjährige Klubleiter Andreas Klee ging in den Ruhestand.

Seit Februar existiert der Klub nun als Kooperation zwischen der Urania, dem Helmholtz-Gymnasium und dem Brandenburgischen Landesverein zur Förderung mathematisch-naturwissenschaftlich-technisch interessierter Schüler, der auch die Matheolympiaden organisiert. Drei Lehrer des Gymnasiums leiten die Kinder an, auch der frühere Klubleiter Andreas Klee ist wieder dabei – so ganz kann er trotz Rente von der Mathematik nicht lassen.

Die Fünftklässler treffen sich mit Anja Haß, Lehrerin für Mathe und Chemie. Fünf Jungs und zwei Mädchen sind es diesmal. Der geringe Mädchenanteil ist typisch, sagt Rauchfuß. Ob das tatsächlich daran liegt, dass Frauen anders denken, weniger räumlich, da mag er sich nicht festlegen. „Mädchen sind aber fleißiger und memorieren besser“, sagt er.

Frau Haß hat zum Aufwärmen ein Kryptogramm, eine Rechenaufgabe mit lauter Buchstaben, an die Tafel gemalt. Gleiche Buchstaben müssen durch gleiche Ziffern ersetzt werden. Die Gedanken rattern schnell und werden laut ausgetauscht. Da muss ein Einserübertrag hin, sagt jemand, und N und U müssen elf ergeben. „Traut euch“, sagt Frau Haß, und hilft manchmal ein klein wenig auf die Sprünge. Dann sind endlich alle Ziffern gefunden. „Okay, das ist eine Lösung“, sagt Anja Haß anerkennend. „Es gibt mehrere?“, kommt erstaunt die Rückfrage der Kinder. „Das prüfen wir jetzt“, sagt Frau Haß, und weiter geht’s.

Dieter Rauchfuß, jetzt nur als Zuschauer in seiner ehemaligen Schule dabei, ist gerührt. „Das ist doch großartig“, sagt er. Mathematik sei so wichtig. Zwar habe sich in den letzten Jahren schon viel getan, was den regulären Unterricht betrifft. Längst sei Mathe nicht mehr pauschal das Grusel-Fach der Schüler. Aber den ganz schnellen und begabten Schülern gerecht zu werden, wenn man alle, auch die langsamen, mitnehmen will – das sei fast unmöglich. Aber Deutschland ist ein Industriestaat, betont Rauchfuß: „Unser Reichtum begründet sich auch in Menschen mit naturwissenschaftlichen und mathematischen Qualifikationen.“

Daran denken die Kinder noch nicht. Bei ihnen steht der Spaß im Vordergrund. Es sei auch nicht zwingend so, dass die Noten besser würden, sagt Dieter Rauchfuß. Aber die Kinder erlebten eine andere Herangehensweise an diese Wissenschaft. Mathematik hat längst nicht immer etwas mit einem konkreten Ergebnis, einem Richtig oder Falsch, zu tun.

Die Kinder erfahren indes, dass man nur mit Lust und Mut zum Experimentieren weiterkommt. In der vierten Klasse teilt Andreas Klee quadratische Karten aus – Spielfelder, auf denen fünf Steine nach bestimmten Regeln angeordnet werden sollen. Mit Schieben und Schauen kriegt man das heraus, der eine schneller, der andere braucht etwas mehr Zeit.

Genau darum geht es, sagt Rauchfuß: „Die Kinder brauchen einen Schubs.“ Er freut sich, dass jedes Jahr etwa 400 Kinder und Jugendliche an der Matheolympiade teilnehmen, eine gute Quote für eine Stadt dieser Größe. Die Kinder freuen sich dagegen schon über ganz andere Erfolge. „Ich kann besser rechnen als Papa“, sagt einer von ihnen selbstbewusst.

Wer mitmachen will, meldet sich bei der Urania, Gutenbergstraße 72, 14467 Potsdam, Tel.: (0331) 29 17 41.

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