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Homepage: Schlechte Noten für Aufklärer Wissenschaftsrat: Kein überzeugendes Programm

Die unlängst veröffentlichten Empfehlung des Wissenschaftsrates zu den Geisteswissenschaften sind für das Potsdamer Forschungszentrum Europäische Aufklärung (FEA) äußerst bedenklich ausgefallen. Nachdem das ebenfalls in Potsdam ansässige Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) bestens evaluiert wurde, heißt es zum FEA, dass es seit der Gründung vor zehn Jahren nicht gelungen ist, „ein überzeugendes und kohärentes Forschungsprogramm“ zu entwickeln.

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Die unlängst veröffentlichten Empfehlung des Wissenschaftsrates zu den Geisteswissenschaften sind für das Potsdamer Forschungszentrum Europäische Aufklärung (FEA) äußerst bedenklich ausgefallen. Nachdem das ebenfalls in Potsdam ansässige Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) bestens evaluiert wurde, heißt es zum FEA, dass es seit der Gründung vor zehn Jahren nicht gelungen ist, „ein überzeugendes und kohärentes Forschungsprogramm“ zu entwickeln. „Wichtige Teile der Aufklärungsforschung fehlen ganz, insgesamt repräsentieren die verfolgten Projekte ein eher traditionelles Verständnis der Aufklärungsforschung“, schreibt das Gremium.

Den „zum Teil wissenschaftlich sehr guten und ertragreichen Projekten“ fehle die Einbettung in einen übergreifenden institutionellen und programmatischen Rahmen“, heißt es. Als Ursache für die „gegenwärtig unbefriedigende Situation“ des FEA nennt der Wissenschaftsrat auch die schwierige Situation der Philosophischen Fakultät der Universität Potsdam. Erhebliche Stellenkürzungen hätten die Kooperationsmöglichkeiten von vornherein belastet. „Für die Vergangenheit ist nicht erkennbar, dass Universität und Forschungszentrum bei wesentlichen thematischen und personellen Weichenstellungen eng miteinander kooperiert haben“, schreibt der Rat.

Das sieht man beim Wissenschaftsministerium Brandenburgs nicht ganz so extrem. Schließlich habe der Direktor des FEA, Günter Lottes, an der Uni eine Professur inne. Auch ist der Rektor der Uni Prof. Wolfgang Loschelder im Kuratorium des FEA, Uni-Germanist Prof. Joachim Gessinger im Beirat. Das Ministerium, das neben DFG-Projektförderung und Drittmitteln das FEA finanziert, wägt nach eigenen Angaben derzeit die Schlussfolgerungen aus dem Gutachten ab. „Erklärtes Ziel ist es dabei, die Aufklärungsforschung als herausgehobene wissenschaftliche Disziplin in Brandenburg zu erhalten“, sagte Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) den PNN. Die Kooperation zwischen Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen im Land sei an vielen Stellen beispielgebend. „Dennoch sind alle Beteiligten selbstverständlich immer bemüht, sie weiter zu stärken.“ Die Landesfinanzierung des FEA läuft 2007 aus.

Am FEA selbst kann man die harsche Kritik des Wissenschaftsrates nicht nachvollziehen. Direktor Lottes verwies auf eine beträchtliche Erfolgsbilanz: Sechs Berufungen von FEA-Mitarbeitern im In- und Ausland, zahlreiche Promotionen, Projekte, die wissenschaftliches Neuland erschlossen hätten, ein breites Spektrum wissenschaftlicher Kooperationspartner in Europa und den USA, mehr als 30 größere Tagungen in den vergangenen Jahren, eine mittlerweile 18-bändige Publikationsreihe und ein neuer Themenschwerpunkt „Aufklärung und Moderne“. „Heißt das nun scheitern“, fragt der Professor für Geschichte.

Der Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats, Prof. Gessinger, sagte den PNN, dass man nun überlegen muss, wie die Aufklärungsforschung in Brandenburg neu zu strukturieren ist. Die Kooperation mit der Uni Potsdam sieht er als „verbesserungsbedüftig und -fähig“. Es gäbe zwar gemeinsame Veranstaltungen, doch mit der Personalplanung habe es Probleme gegeben. Der Prorektor der Universität Potsdam Prof. Jürgen Rode sagte, dass die Europäische Aufklärungsforschung Stadt und Land gut zu Gesicht stehe. Nun müssse das Land entscheiden, wie wichtig ihm diese Forschung ist. Einer eventuellen Verlagerung des FEA als Forschungsschwerpunkt an die Universität stehe man offen gegenüber. So sei eine bessere Vernetzung mit der Germanistik und Geschichte zu erreichen. Voraussetzung wäre allerdings, dass die beiden Professuren nicht aus der Philosophoischen Fakultät abgezogen würden, sondern zusätzlich eingeplant würden.

FEA-Direktor Lottes hält den derzeitigen Sog, außeruniversitäre Einrichtungen der Geisteswissenschaft an Unis zu verlagern, für bedenklich. „Zumal zurzeit die Zukunft der Universitäten unklar ist“, sagte Lottes. An den Unis würden Budget-Zwänge die Forschung einengen, Interdisziplinarität wäre nicht in dem Maße möglich, wie an einem eigenständigen Forschungszentrum.“ Das FEA repräsentiere eine Form der Geisteswissenschaft, die in der Region kaum vertreten sei. „Diese internationalen und interdisziplinären Forschungskapazitäten zu zerschlagen, wäre wissenschaftspolitisch nicht sinnvoll“, so Lottes.

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