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Landeshauptstadt: Schlosskirche statt Schlossstraße

Statt in Potsdam ensteht die erste Synagoge Brandenburgs nach 1945 in Cottbus – in einer Kirche

Von Katharina Wiechers

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Die erste Synagoge in Brandenburg seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird nicht in Potsdam entstehen – sondern in Cottbus. Während in der brandenburgischen Landeshauptstadt seit rund zehn Jahren um ein jüdisches Gotteshaus gerungen wird und eine Einigung noch immer nicht in Sicht ist, könnte jenes im Süden des Landes womöglich schon im Herbst Eröffnung feiern.

Statt eines Neubaus bezieht die Jüdische Gemeinde Cottbus eine einstige evangelische Kirche. Die Schlosskirche im Zentrum der Stadt wird von der Evangelischen Kirchengemeinde St. Nikolai in Cottbus nicht mehr benötigt und für den Preis von 580 000 Euro an den Jüdischen Landesverband Brandenburg verkauft. Übernommen wird der Kaufpreis vom Land Brandenburg, wie das Kulturministerium mitteilte. Zudem übernimmt das Land die jährlichen Betriebskosten von 50 000 Euro. Die Stadt Cottbus hat sich außerdem bereit erklärt, einige der erforderlichen Baumaßnahmen zu übernehmen. So will das Rathaus beispielsweise das Abhängen der Glocken oder das Entfernen der fest installierten Kreuze bezahlen.

Die Jüdische Gemeinde Cottbus verpflichtet sich im Gegenzug dazu, die Nutzung als Synagoge 25 Jahre lang zu gewährleisten und übernimmt den Umbau des Gotteshauses. Zuvor muss noch der Kauf abgewickelt und das Gotteshaus von der Evangelischen Kirche „entwidmet“ werden. Als Eröffnungstermin ist bislang der 9. November 2014 ins Auge gefasst. An jenem Tag wird an die von den Nationalsozialisten inszenierten Novemberpogrome im Jahr 1938 erinnert, im Zuge derer auch die einstige Cottbuser Synagoge zerstört wurde.

Eigentlich sollte die erste Brandenburger Synagoge in Potsdam stehen – und das schon seit Jahren. Doch die drei jüdischen Gemeinden in der Stadt haben sich über deren Aussehen und Nutzung heillos zerstritten. 2011 zog die rot-rote Landesregierung, die den Neubau an der Schlossstraße finanziert, die Reißleine und verhängte einen Baustopp. Seitdem liegt das Grundstück brach, und der Staatssekretär im Brandenburger Kulturministerium, Martin Gorholt (SPD), versucht zu vermitteln. Die Zeit drängt, da bald die Legislaturperiode zu Ende geht (siehe Interview). Gorholt will in den kommenden Wochen eine Entscheidung treffen – doch auch wenn die Bauarbeiten noch vor den Landtagswahlen im September 2014 aufgenommen werden, ist der Vorsprung, den Cottbus nun hat, nicht mehr aufzuholen.

Entsprechend verschnupft reagierten diejenigen in Potsdam, die sich seit Jahren für den Neubau engagieren – auf der einen oder der anderen Seite. So sagte Rainer Schüler, Vorsitzender des Bauvereins und somit Verfechter der Interessen der Jüdischen Gemeinde, er beneide die Cottbuser um diese Entscheidung und beglückwünsche sie gleichzeitig: „Die haben geschafft, worum wir seit Langem ringen.“

Ulrich Zimmermann, Vorsitzender des Synagogen-Fördervereins und damit Vertreter der Gegenseite, sieht sich durch das Projekt in Cottbus hingegen bestätigt. Schließlich habe die Landesregierung in Cottbus nicht wie in Potsdam mit drei verschiedenen Gemeinden, sondern lediglich mit dem Landesverband verhandelt. „Vielleicht wäre das ja auch eine Lösung für Potsdam“, sagte Zimmermann. Allerdings ist im Landesverband nur die von Zimmermann unterstützte Synagogengemeinde organisiert – die Jüdische Gemeinde und die Gesetzestreue Landesgemeinde sind keine Mitglieder. Würde Gorholt also nur mit dem Landesverband verhandeln, käme dies einer Bevorzugung der Synagogengemeinde gleich.

Dass es ein Fehler war, in Potsdam einen Neubau zu planen, statt wie in Cottbus auf ein bestehendes Gebäude zurückzugreifen, glaubt Gorholt trotz der schwierigen Verhandlungen nicht. „Die Synagoge sollte ganz bewusst einen Platz mitten in der Stadt bekommen, sodass das jüdische Leben wieder sichtbar wird. Das ist ja an sich auch ein tolles Zeichen.“

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