Landeshauptstadt: Schluss mit Gemütlichkeit
Die Zukunft des Potsdam Museums wurde im Stadt Forum diskutiert – mit dem Blick von außen
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Ist dieser Tage die Rede vom Potsdam Museum, kann es eigentlich nur ein Thema geben: Die Standortfrage. Soll das Potsdam Museum nun im Brockeschen Haus in der Yorckstraße oder im Alten Rathaus am Alten Markt seinen endgültigen Sitz finden? Noch in diesem Jahr müssen sich die Stadtverordneten entscheiden.
„Die Zukunft des Potsdam Museum“ lautete eine Gesprächsrunde, zu der das Stadt Forum Potsdam am Donnerstag ins Alte Rathaus eingeladen hatte. Eine weitere Debatte um die Frage also ob Brockesches Haus oder Altes Rathaus? Derartige Erwartungen wurden grundlegend enttäuscht. Natürlich wurde auf der dreieinhalbstündigen Veranstaltung auch die Standortfrage angesprochen, waren leidenschaftliche Plädoyers für beide Vorschläge zu hören. Doch ging es an diesem Abend weniger um die Hülle, sondern um Inhalte. Für welches Haus auch immer die Entscheidung fallen sollte, die Frage muss jetzt schon sein, was und vor allem in welcher Form dem Besucher gezeigt werden soll. Mit Nele Güntheroth und Nicola Lepp hatte das Stadt Forum Potsdam zwei Referentinnen eingeladen, die für einen erfrischenden Blick von außen sorgten.
Nele Güntheroth von der Stiftung Stadtmuseum Berlin zeigte unter anderem an Stadtmuseen in Graz, Wien, Liverpool und New York, wie dort Stadtgeschichte ausgestellt wird. Nicht allein das Vergangene, sondern auch Zukünftiges, Visionen von Stadtentwicklung sind dort zu sehen. Die Berliner Kuratorin Nicola Lepp gab Anregungen für neuere und in mancher Ohren auch ungewöhnliche Ausstellungsideen. Ganz nach dem Motto: Schluss mit der Gemütlichkeit, hinterfragte Nicola Lepp die traditionell-systematische Ausstellungspraxis. Diese beginnt meist mit Funden aus der Frühgeschichte, zeigt dann Modelle der früheren Stadtforum, führt weiter zu ansässigen Handwerkszünften, um bei städtischen Persönlichkeiten zu enden. Dass diese Heimatstubenheimeligkeit kaum noch für Besucherandrang sorgt, ist ein Grund, warum Stadtmuseen weltweit ihre Ausstellungskonzeptionen überdenken. Doch die Vorschläge von Nicola Lepp, Experimente zu wagen, den Besucher ruhig zu verstören als ihn mit angeblichen Gewissheiten wieder nach Hause zu schicken, stieß in der gut besuchten Runde nicht bei jedem auf Zustimmung. So sprach sich Saskia Hüneke (B90/Grüne) dafür aus, wenn das Potsdam Museum einen neuen Standort hat, endlich Ausstellungen aus dem etwa 200000 Exponate umfassenden Bestand zu zeigen. „Wir lechzen förmlich danach, das zu sehen, was seit Jahrzehnten in den Depots lagert“, sagte Hüneke.
Auch Birgit-Katherina Seemann, Fachbereichsleiterin Kultur und Museum, sprach sich in ihrem Vortrag „Zukunftsaufgaben und –strukturen des Potsdam Museums“ für die traditionell-systematische Ausstellungspraxis aus. Ihr wurde, neben fehlenden Zahlen zu Budget oder Mitarbeitern, vorgeworfen, allzu träumerisch Möglichkeiten im Potsdam Museum aufgezeigt zu haben. So fragte Bärbel Dalichow, Leiterin des Filmmuseums, wie bei der ohnehin schon miserablen Finanzierung von Kultur angesprochene Aufgaben wie Dauerausstellung, Sonderausstellungen, Museumspädagogik, Forschung, Beratung und vielfältige Veröffentlichungen umgesetzt werden sollen. Das würden nicht einmal große Museen mit einem Haushalt von mehreren Millionen schaffen, so Bärbel Dalichow. Dirk Becker
Dirk Becker
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