Landeshauptstadt: Schmerztherapie aufgeben?
Kritik an gesetzlichen Krankenversicherungen
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Kritik an gesetzlichen Krankenversicherungen Die Situation von Schmerzpatienten wird sich verschlechtern, dass befürchtet Knud Gastmeier, Anästhesist und Präsident des Interdisziplinären Arbeitskreises Brandenburger Schmerztherapeuten e. V. (IABS). Ab dem 1. April soll ein neues Leistungsverzeichnis der Gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft treten. Die neue Gesetzgebung hat Folgen für Ärzte und Patienten. Gestern informierten Patientenselbsthilfegruppen und Schmerztherapeuten während eines bundesweiten Informationstages in Potsdam über die zu befürchtenden Veränderungen. Allein in Brandenburg leben etwa 20000 Schmerzpatienten. Menschen, die beispielsweise unter Gürtelrose, Tumor- und Rückenschmerzen leiden. Die Einführung des neuen Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) bringt noch nicht absehbare Folgen mit sich. So dürfen pro Praxis künftig nur noch 300 Schmerzpatienten pro Quartal begleitet werden, was 50 Prozent der gesamten Anzahl der Praxispatienten ausmachen muss. Für eine „Mischpraxis“ bedeute das eine Absenkung auf 599 Patienten, erläutert Gastmeier. „Die restlichen Patienten dürfen dann dort nicht mehr versorgt werden.“ Zusätzlich wird vom Gesetzgeber eine ausschließliche Schmerzsprechstunde von mindestens 16 Stunden pro Woche als Teilnahmebedingung für die Schmerztherapie vorgeschrieben. Damit könne beispielsweise der eigentliche Versorgungsauftrag der Ärzte nicht mehr erfüllt werden. „Unter den derzeitigen Vergütungsbedingungen“, so der Potsdamer Anästhesist, „heißt das, wenn ,Mischpraxen“ überleben wollen, dass sie die Schmerztherapie aufgeben müssen.“ Mit In-Kraft-Treten des neuen Leistungskataloges werden zudem Schmerzkonferenzen für jeden chronischen Patienten gefordert. In Potsdam existieren derzeit zwei Konferenzen. Mindestens drei Fachärzte aus unterschiedlichen Gebieten sollen fortan drei Mal im Jahr über die Art der Therapie für chronische Patienten beraten. „Das ist weder aus Gründen der Kapazität, noch zeitlich und rechnerisch machbar.“ Bereits jetzt ist die aufwendige Betreuung von Krebspatienten im Endstadium weder organisatorisch, fachlich noch ökonomisch so geregelt, dass diese Leistungen adäquat vergütet werden, sagt Gastmeier. Der Einsatz der betreuenden Ärzte ist hoch und bedeutet zumeist eine 24-stündige Bereitschaft für den Patienten und seine Angehörigen. Mit dem EBM ist damit zu rechnen, dass die Versorgung nicht mehr durchgeführt werden kann und der Patient bestenfalls in das Krankenhaus abgeschoben wird oder für einen Tumorpatienten einige andere Schmerzpatienten nicht mehr behandelt werden können. Das Brandenburgische Gesundheitsministerium verwies gestern auf PNN-Nachfrage auf das Bundesgesundheitsministerium. U.Strube Weitere Informationen unter: www.iabsev.de
U.Strube
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