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Die sogenannten Segelohren haben körperlich kaum Auswirkungen  aber gerade im Kindesalter kann diese Fehlstellung zu einem psychischen Problem werden.

© Andreas Klaer

Von Kay Grimmer: Schneider-Einmaleins bei Segelohren

Das Potsdamer Klinikum informierte über die medizinische Abhilfe bei abstehenden Ohren

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Dumbo oder Segelflieger – abstehende Ohren sind vor allem für Kinder kein leichtes Schicksal. Dabei, das offenbarte Dr. Jörg Berkholz, Oberarzt an der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Klinikum Ernst von Bergmann, sind Fehlstellungen der Ohren erstens keine Seltenheit und zweitens reparabel.

Die Wahrscheinlichkeit einer angeborenen Fehlstellung der Ohren liegt zwischen 1:20 000 und 1:2000 bei Neugeborenen, informierte der Mediziner in seiner Vorlesung, die im Rahmen der Vortragsreihe „Allgemeine Gesundheitsthemen“ im Klinikum lief. „Es ist also kein gar so seltenes Phänomen“, so Berkholz. Die Übergänge zwischen Normal- und Segelohr sind dabei fließend. „Ab einem Winkel von über 20 Grad kann von einer so genannten Dysplasie des Ohrs, also einer Fehlbildung, gesprochen werden“, erläuterte Berkholz, der gleichzeitig beruhigte: Physische Beeinträchtigungen gebe es durch Segelohren nicht. Doch Berkholz machte auf den anderen Grund aufmerksam, der eine Korrektur meist notwendig macht: Die Betroffenen belaste es psychisch, „vor allem Kinder können untereinander grausam sein“, so der Mediziner. Nicht nur deshalb empfahl er, abstehende Ohren möglichst früh korrigieren zu lassen. Denn Ohren bestehen aus Knorpelgewebe. „Und das lässt sich bei Neugeborenen noch leicht formen. Selbst Kinderohren sind leichter zu korrigieren als die von Erwachsenen, bei denen der Knorpel schon ziemlich fest sei. „Trotz allem kann man die Ohrenstellung in jedem Alter korrigieren“, gab Berkholz Entwarnung.

Während die Methode des Anklebens zumindest bei Neugeborenen und einer leichten Ohr-Fehlstellung noch funktionieren kann – „wenn auch ganz selten“, so Berkholz – propagiert dieser, eine Korrektur am besten vor dem sechsten bis siebenten Lebensjahr. „Dann sind die Kinder noch nicht in der Schule, kommen also anschließend ohne Hänseleien in ihr Klassenteam.“

Ob örtlich betäubt oder unter Vollnarkose – das Prinzip des Ohrenanlegens ist in den meisten Fällen das kleine Schneider-Einmaleins. Mit einem Faden wird der Knorpel zusammengezogen und so geformt, dass die Ohren wieder näher am Kopf sind, erläuterte Berkholz. In der Medizin nennt sich das Nahttechnik, und statt eines normalen Wollfadens wird unverwüstlicher Gore-Tex-Zwirn genommen, „denn der darf sich ja im Ohr nicht auflösen“, so Berkholz. Knorpelgewebe benötigt nämlich mindestens ein bis zwei Jahre, ehe es die neue Form akzeptieren kann. Allerdings ist die Zeit des Abheilens wesentlich kürzer. Gut einen Monat dauere es, dann sollte vom Eingriff nichts mehr zu spüren sein, erklärte der Arzt.

Bei anderen Varianten beim Ohrenanlegen werde auch Knorpelgewebe herausgeschnitten oder eingeritzt, um das Gewebe zu schwächen und formbarer zu machen. Welche Methode schließlich angewandt werde, liege in der Einzelfallentscheidung, so der Arzt.

Grundsätzlich sei die Korrektur der Ohrstellung eine Schönheitsoperation, „das heißt, die Krankenkassen müssen den Eingriff nicht zahlen“, so der Fachmann. Jedoch habe es bislang kaum Schwierigkeiten mit der Kassen-Bezahlung gegeben, sagte der Oberarzt. Ganz billig ist der Eingriff nicht: Rund 1000 Euro für ein Ohr oder 1300 Euro für beide Ohren kostet die Operation.

Segelohren – auch das wird im Vortrag deutlich, sind meist erblich bedingt. Der Mediziner bestätigt eine Vermutung aus der Zuschauerschaft: Oft überspringen Segelohren eine Generation. Und – für genaue Beobachter kein Geheimnis – Ohren wachsen das ganze Leben weiter, bestätigt der Fachmann. „Das können in 70, 80 Jahren schon einige Millimeter sein, die dazukommen“, so Berkholz.

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