zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Schöffengericht: Eine ganz schwere Entgleisung

Ex-Freundin vergewaltigt und Kissen aufs Gesicht gedrückt, um sie am Schreien zu hindern/Zweijährige Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt

Stand:

Ex-Freundin vergewaltigt und Kissen aufs Gesicht gedrückt, um sie am Schreien zu hindern/Zweijährige Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt Von Gabriele Hohenstein „Ich weiß auch nicht, was mit mir los war“, erklärt Maik B.* (22) vor dem Schöffengericht und meint die Vergewaltigung seiner Ex-Freundin Mareike G.* in der Nacht des 7. April dieses Jahres. Nein, nach Sex stand ihm eigentlich nicht der Sinn. „Vielleicht wollte ich mich an ihr rächen“, mutmaßt der Neun-Klassen-Abgänger. Maik B. glaubt, Mareike trage Schuld daran, dass ihr gemeinsamer Sohn im vorigen Herbst tot zur Welt kam. „Sie hat eine Mutter-Kind-Kur nicht angetreten. Und als sie während der Schwangerschaft ins Krankenhaus musste, ist sie auf eigene Verantwortung entlassen worden. Meine Freundin hat genau das Gegenteil von dem gemacht, was ihr die Ärztin geraten hat“, klagt er. Seit dem traurigen Ereignis sei die Beziehung immer weiter den Bach hinuntergegangen, so der blondierte Angeklagte. „Mareike hat mit Gott und der Welt über den Tod des Kleinen geredet, nur mit mir nicht.“ Am Tatabend habe es – wie so oft in der letzten Zeit – Streit gegeben. „Irgendwie kam in mir alles wieder hoch“, erinnert sich der Arbeitslose, der die Tat nicht abstreitet. „Es tut mir Leid.“ Eigentlich sei die Beziehung bereits vier Wochen vor der Vergewaltigung beendet gewesen, resümiert Mareike G. (22). „Maik hat mich oft geschlagen. Einmal habe ich zurückgehauen, aber da habe ich gleich noch ein paar gefangen“, berichtet sie im Zeugenstand. Sie wisse sehr wohl, dass ihr Ex-Partner ihr die Totgeburt anlaste. „Aber ich kann nichts dafür.“ Aus dem Autopsiebericht sei hervorgegangen, dass sich die Nabelschnur um den Hals des Babys gewickelt und es erdrosselt habe. „Ich war schon im Bett. Maik lag auf der Couch im Wohnzimmer“, lässt die Hausfrau die Ereignisse jener Nacht Revue passieren. „Auf einmal kam er ins Schlafzimmer und fing an, mich zu begrabbeln. Ich denke, er wollte mich ärgern.“ Nachdem sie ihn mehrfach darauf hingewiesen habe, sie in Ruhe zu lassen, habe sie mit Fäusten auf ihn eingeschlagen und mit den Füßen getreten. Doch Maik sei stärker gewesen. Während er sie mit Gewalt nahm, habe sie ihn gekniffen und gekratzt. (Was Fotos in der Gerichtsakte eindeutig belegen.) „Und wie war das nun mit dem Kissen?“, hakt die Staatsanwältin nach. Das habe er ihr aufs Gesicht gedrückt, damit sie nicht mehr schreien könne, erzählt Mareike. Maik habe anfangs auch die Wohnungstür verschlossen, um sie daran zu hindern, zu den Nachbarn zu flüchten. „Sexualdelikte dienen oft nicht der Befriedigung geschlechtlicher Bedürfnisse. Sie zielen darauf ab, Macht über Schwächere auszuüben“, betont die Vertreterin der Anklage im Abschlussplädoyer. Zugunsten des bereits wegen Körperverletzung Vorbestraften sei zu werten, dass die Gewalt gegenüber seiner einstigen Lebensgefährtin nicht allzu hoch gewesen sei. Eine zweijährige Freiheitsstrafe auf Bewährung sei daher tat- und schuldangemessen. „Es war eine ganz schwere Entgleisung“, macht der Vorsitzende dem Angeklagten klar. „Sie haben eine merkwürdige Einstellung zur Problemlösung.“ Das bereits rechtskräftige Urteil des Schöffengerichts: zwei Jahre Freiheitsstrafe, ausgesetzt zu dreijähriger Bewährung. (*Namen geändert.)

Gabriele Hohenstein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })