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Aus und vorbei? Für Superstar Alex Rodriguez geht es um seine Reputation – und viele Millionen Dollar.

© Reuters

Sport: Schön betrogen

Die US-Baseball-Liga ermittelt wegen Dopings gegen namhafte Profis – ihnen drohen drastische Strafen

Stand:

David Letterman fragte ganz direkt: „Was wird mit Alex Rodriguez passieren? Wird er jemals wieder für die Yankees spielen?“ Der Fernsehmoderator hatte am Montagabend Bud Selig, dem Chef der Major League Baseball (MLB), in seiner „Late Show“ eine Frage gestellt, die derzeit viele Sportfans in den Vereinigten Staaten bewegt. Die Antwort, die Letterman erhielt, dürfte den Talkveteran allerdings kaum befriedigt haben. „Das wird die Zeit zeigen“, entgegnete Selig, der eigentlich gekommen war, um das Allstar-Game seiner Liga anzupreisen.

Seit Monaten wird in den USA darüber spekuliert, welche Ergebnisse die MLB im Zuge der Ermittlungen im jüngsten großen US-Dopingskandal präsentieren wird. Und wann. Im Januar deckte die Zeitung „Miami New Times“ auf, dass sich Rodriguez und einige weitere Baseballprofis offenbar jahrelang in einer Schönheitsklinik in Florida mit verbotenen Mitteln eindeckten. Die Rede ist von Wachstumshormonen, die in Form von Spritzen, Gels oder Tabletten verabreicht worden sein sollen. Die Biogenesis-Klinik ist inzwischen geschlossen. Anthony Bosch, der einstige Betreiber der Klinik, ist allerdings zum Kronzeugen aufgestiegen. Er händigte den MLB-Ermittlern seitenweise Dokumente aus, in denen die Behandlung der Spieler detailliert beschrieben wird. Die Beweislage scheint so eindeutig, dass einige Zeitungen in den USA bereits darüber spekulieren, ob die beschuldigten Profis womöglich lebenslang gesperrt werden könnten. Es wäre dies im US-Sport ein einmaliger Vorgang.

Und es wäre der endgültige Absturz des einstmals größten Stars im Baseball. Rodriguez hat in seiner Karriere 647 Homeruns geschlagen, er ist 14-facher Allstar, wurde dreimal zum wertvollsten Spieler der Liga gewählt und 2009 mit den Yankees Meister. In New York hatte er 2007 einen mit unfassbaren 275 Millionen US-Dollar dotierten Zehnjahresvertrag unterschrieben. Rodriguez war der Liebling des Boulevards, auch weil er eine Affäre mit dem Popstar Madonna gehabt haben soll und später eine Beziehung mit der Schauspielerin Cameron Diaz hatte.

Mit den Fans hingegen, sogar mit denen in New York, wurde er nie warm. Was wohl auch mit seiner Vergangenheit zu tun hat. 2009 beichtete Rodriguez in einer Fernsehsendung die Einnahme von Steroiden in den Jahren 2001 bis 2003. Dass er danach sauber gewesen sein soll, wie er beteuerte, mochte ihm allerdings niemand so recht glauben. Inzwischen ist Rodriguez 38 Jahre alt, sein Vertrag läuft jedoch bis 2017 und garantiert ihm normalerweise noch mehr als 100 Millionen Dollar Gehalt – sofern er nicht als Doper gesperrt wird. Schon gibt es deshalb das Gerücht, dass der derzeit verletzte Rodriguez womöglich seine Karriere aus gesundheitlichen Gründen beenden könnte, um so die ausstehenden Millionen zu sichern.

Wahrscheinlicher aber scheint, dass im Biogenesis-Skandal die Anwälte das letzte Wort haben werden, sollten tatsächlich hohe Strafen verhängt werden. Normalerweise sind in der MLB für Dopingsünder 50 Spiele bei Erstvergehen, 100 Spiele bei der zweiten positiven Kontrolle und schließlich eine lebenslange Sperre beim dritten Dopingfall vorgesehen. Rodriguez und die anderen Verdächtigen sind allerdings nicht positiv getestet worden. Die MLB würde sich nach Ansicht einiger Experten juristisch auf dünnes Eis begeben, wenn sie versucht, ihre Strafen aufgrund der von Bosch erhaltenen Unterlagen durchzusetzen. Ziel aller Beteiligten könnte es daher sein, sich außergerichtlich zu einigen. Mit geringeren Sperren, die aber nicht mehr angefochten werden. Die Spieler könnten so halbwegs ihr Gesicht wahren, irgendwann auch wieder auf dem Feld stehen und die Liga würde sich im Hinblick auf die nächsten Tarifverhandlungen keine unüberbrückbaren Differenzen mit der Spielergewerkschaft aufbauen. Zur Aufklärung, was in der Schönheitsklinik damals wirklich passiert ist, dürfte eine solche Einigung allerdings kaum beitragen.

Auch David Letterman brachte am Montag keine Neuigkeiten in der Angelegenheit mehr aus seinem Gesprächspartner heraus. Auf die Frage, wann mit einer Bekanntgabe der Untersuchungsergebnisse zu rechnen sei, blieb MLB-Boss Bud Selig nebulös: „Irgendwann in der Zukunft.“ Und schmeichelte Letterman dann mit den Worten: „Ich sage Ihnen was, Sie sind hartnäckig.“ Jörg Leopold

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