Landeshauptstadt: Schöner die Fassaden nie strahlten
Der Förderstopp für den Waschhaus e.V. in der Schiffbauergasse hat nicht jeden überrascht, mancher hatte schon früh vor dieser Entwicklung gewarnt
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Bernd Kauffmann wählte den Vergleich mit den angeblichen Nobelrestaurants. Die teuerste Einrichtung, wertvolles Porzellan, ein überwältigendes Interieur, serviert aber wird schlechtes Essen, weil das Geld nicht mehr reicht. Johanna Wanka saß daneben und hörte zu mit lächelndem Gesicht.
Über vier Jahre ist es her, dass Kauffmann, Generalbevollmächtigter der Stiftung Schloss Neuhardenberg, von diesen Möchtegern-Nobelrestaurants sprach und Brandenburgs Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) nur lächeln konnte. Im Foyer des Nikolaisaals saß man beieinander und tauschte sich in der Reihe „Klassik plus Gespräch“ über die „Kulturhauptstadt Potsdam“ aus. Kaufmann, ein äußerst kritischer Mensch, hatte sein Bedenken über den Drang in manchen Städten geäußert, die Kultur in neue Häuser zu stecken, dann aber das Geld für eine entsprechende Programmgestaltung nicht zu haben und den Vergleich mit den Nobelrestaurants bemüht. Damals befand sich das neue Haus für das Hans Otto Theater nach Plänen des Stararchitekten Gottfried Böhm noch in der Planung, erst ein Jahr später wurde der erste Spatenstich in der Schiffbauergasse gesetzt. Auch sonst war noch nicht viel geschehen auf Potsdams zukünftigen Kulturedelstandort am Tiefen See. Bedenken wollte man da nicht hören.
Am Dienstag konnte Johanna Wanka nicht lächeln. Gemeinsam mit Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) musste sie verkünden, dass Land und Stadt zum 1. August die Förderung für den Waschhaus e.V. einstellen. Schon vor vier Jahren wurde dem verschuldeten Verein die Gemeinnützigkeit aberkannt, die Grundvoraussetzung für die öffentliche Förderung und Nutzung der Gebäude in der Schiffbauergasse ist. Doch obwohl dazu verpflichtet, hatte der Vorstand weder die Stadt noch das Land darüber informiert. Erst eine Prüfung der Unterlagen durch Rechtsanwälte hatte diesen Fakt ans Licht gebracht. Nun ist der Verein zahlungsunfähig, hat der neue Vorstand einen Antrag auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Damit steht der Verein, der die Kultur vor 15 Jahren in die Schiffbauergasse gebracht hat und zu einem der größten soziokulturellen Zentren und Veranstaltungshäuser für Potsdams Jugend entwickelte, vor dem Aus.
Einen Tag nach der Bekanntgabe des Förderstopps erfolgte die Bauabnahme im sanierten Gebäude des ehemaligen Militärwaschhauses, das dem Verein den Namen gab. Im September sollte dort wieder das bekannte Konzert- und Partyprogramm laufen. Doch daran möchte jetzt keiner denken.
Manche, die seit Jahren die Entwicklung der Schiffbauergasse beobachten oder begleiten, hat die Waschhaus-Misere nicht überrascht. Eher bestätigt. Denn sie ist nur Ausdruck einer Entwicklung, auf die schon Bernd Kauffmann vor über vier Jahren hingewiesen hatte. Ob freie Träger wie das Theater T-Werk oder das internationale Zentrum für Tanz und Bewegungskunst „fabrik“ – seit Jahren weisen sie beharrlich darauf hin, dass die öffentliche Förderung für ein vernünftiges künstlerisches Programm nicht ausreiche und nur Idealismus, der eigene Anspruch und Selbstausbeutung diese Institutionen am Leben erhalten. Manche, wie der Waschhaus e.V., setzen auf Risiko und landen in der Schuldenfalle.
Wiederholt hat auch das Hans Otto Theater auf die gleichbleibende Förderung hingewiesen, die keinen Inflationsausgleich, geschweige denn die steigenden Nebenkosten berücksichtigt. Nun kommen auf das Theater durch neue Tarifabschlüsse Mehrkosten in diesem Jahr in Höhe von 250 000 Euro, im kommenden Jahr in Höhe von 550 000 Euro zu.
Mehrere Millionen Euro, vorwiegend aus Fördertöpfen der Europäischen Union, sind in den Beton der Schiffbauergasse geflossen. Der ehemalige Kulturstandort mit seinem maroden Besetzercharme aus den Anfangstagen hat sich zu einem Vorzeigeprojekt entwickelt, dessen Fassaden schön anzuschauen sind. Leben vermisst man jedoch in der Schiffbauergasse, was jetzt, wo das Hans Otto Theater Sommerpause macht, besonders deutlich wird.
Ein Gang über das Gelände zeigt: Sind erst einmal die letzten Bauarbeiten beendet, ist nicht viel zu sehen außer sanierte Gebäude. Wie so oft liegt die Hauptursache dafür in dem fehlenden Geld, und die Verantwortlichen in der Verwaltung werden nicht müde darauf hinzuweisen, dass sich in Zukunft an der geringen Förderung nichts ändern wird. Man will nicht gleich von der Investitionsruine Schiffbauergasse reden, doch Kaufmanns Vergleich mit den Edelrestaurants klingt jetzt nicht mehr so weit hergeholt wie für manchen vor vier Jahren noch.
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