
© M. Thomas
Landeshauptstadt: Schrauben statt reden
Zur Ausbildungsmesse Jobinale kamen am Mittwoch rund 1500 Jugendliche ins Waschhaus
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Berliner Vorstadt - Marie sucht einen Ausbildungsplatz. Als KFZ-Mechatronikerin. Das ist der Traumberuf der 17-Jährigen im blauen Kapuzen-Sweatshirt und mit Basecap. „Mal schauen, was die Aussteller hier so anbieten“, sagt sie beim Gang durch die Ausbildungs- und Berufsmesse „JOBinale“. Zu der Messe der Arbeitsagentur, die bereits zum achten Mal stattfindet, kamen am Mittwoch nach Veranstalterangaben rund 1500 Besucher ins Waschhaus an der Schiffbauergasse. Etwa 50 Unternehmen aus der Region präsentierten sich, allein das Jobcenter Potsdam bietet derzeit über 2000 Stellen an.
Maries erste Station ist ein Autohaus. Ein Mitarbeiter im Blaumann geht lächelnd auf die 17-Jährige zu. Dass sie als Mädchen in einen Mechaniker-Beruf will, stört hier niemanden. Das freut Marie: „Die haben das gar nicht angesprochen. Früher ist das schwieriger gewesen.“ Marie schraubt gern rum, ein Büro-Job kommt für sie nicht infrage: „Ich könnte einfach nicht die ganze Zeit sitzen.“ Auch Verkäufer-Jobs seien nichts für sie: „Da muss man so viel reden.“
Dann schon lieber KFZ-Mechatronikerin. Dafür muss Marie aber jetzt zeigen, was sie kann. Sie bekommt eine Drehscheibe mit einem Ausbildungsquiz in die Hand: Vor allem mathematische und physikalische Fragen müssen beantwortet werden. Als Marie den Zettel ausgefüllt abgibt, hat sie ihre erste Empfehlung an den potenziellen Arbeitgeber überreicht. In Mathe sei sie „ziemlich gut“.
Allerdings: Ein Zeugnis kann sie den Ausstellern nicht zeigen. Durch krankheitsbedingte Fehlzeiten, Probleme in der Familie und in der Schule hatte es die 17-Jährige aus Werder bislang nur bis zur neunten Klasse geschafft – trotz meist guter Noten. Ein richtiger Abschluss fehlt ihr noch. Aber der sei einigen Ausbildern gar nicht so wichtig, hofft sie: „Manche haben gesagt, es reicht auch neunte Klasse, manche wollten aber schon einen Abschluss mit zehnter Klasse.“ Das sei machbar, sagt Marie. Sie würde dann neben der Ausbildung noch in die Abendschule gehen.
Dennoch verlässt sie sich nicht nur auf eine Möglichkeit: Auch nach einem Ausbildungsplatz als Lagerlogistikerin hat sie sich erkundigt, ein anderer Stand sucht nach Azubis zum Autolackieren. „Das könnte ich mir schon vorstellen“, sagt sie: „Ich schraube zwar lieber, aber das muss ja auch gemacht werden.“
Einige Besucher der JOBinale konnten nach Gesprächen mit den Ausstellern schon Bewerbungsgespräche vereinbaren: 17 Arbeitssuchende haben einen Termin für eine Arbeitsstelle bekommen, 31 für einen Ausbildungsplatz. An drei Ständen wurden sogar schon Arbeitsverträge unterzeichnet, hieß es.
So weit ist Marie noch nicht. Aber das lag auch an den Ausstellern, ist die 17-Jährige überzeugt: „Die haben etwas pappige Antworten gegeben“, meint sie über die Mitarbeiter eines Autohauses. Viele der Aussteller hätten sich aber „echt ins Zeug gelegt“, findet Marie. Enttäuschend waren nur ein paar wenige: „Die haben halt nur hinter ihren Ständen gestanden, haben dich nicht angesprochen und kein Interesse gezeigt.“
Anders als beim Autohaus-Stand, bei dem sie zuerst war: Der habe ihr am besten gefallen, vor allem wegen der freundlichen Mitarbeiter. „Komm, wir gehen noch mal rein und dann machen wir Bewerbungsfotos“, schlägt Maries Freundin Jane vor. Die können im Vorraum des Waschhaussaales gemacht werden. Wird sie ihr Basecap dazu abnehmen? „Klar, das wär’ ja sonst unhöflich!“ Erik Wenk
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