
© Jan Kuppert
Von Michael Meyer: Schröder denkt an Schiller
Turbine Potsdam will heute bei Brøndby IF ins Viertelfinale der Champions League – der Trainer erwartet ein schweres Rückspiel
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Mit Regen empfing Kopenhagen gestern den Deutschen Frauenfußball-Meister Turbine Potsdam, der sein Quartier im Quality Hotel Høje Taastrup in der Carl- Gustav-Gade 1 am Westrand der Hauptstadt bezog und heute beim dänischen Vizemeister Brøndby IF den Einzug ins Viertelfinale der UEFA Women’s Champions League schaffen will. Um 19 Uhr pfeift die finnische Schiedsrichterin Kirsi Heikkinen im Brøndby-Stadion das Achtelfinal-Rückspiel an, in das die Potsdamerinnen dank Fatmire Bajramajs Tor mit einem 1:0-Polster aus dem Hinspiel gehen.
„Der Vorsprung ist knapp, aber so geht man mit einer gewissen Anspannung in das Spiel und nicht so locker wie vielleicht nach einem 4:0, nach dem auch noch nicht alles klar sein muss“, sagt Turbine-Mannschaftskapitän Jennifer Zietz, die gestern noch ein bisschen um ihren heutigen Einsatz bangen musste. Im Hinspiel am vergangenen Mittwoch daheim hatte die 26-Jährige wegen einer Zerrung im hinteren rechten Oberschenkel nach Halbzeit eins passen müssen, und auch das Punktspiel am Sonntag gegen Tennis Borussia Berlin (3:1) erlebte sie nur von außen. „Ich hoffe, es geht wieder“, meint die Mittelfeldspielerin, die in Kopenhagen ihr 27. Europacup-Spiel bestreiten will; endgültig darüber entschieden werden soll heute. Angesichts ihrer internationalen Routine „bringt mich so schnell nichts mehr aus der Ruhe“, so Zietz. „Ich denke vor Spielen wie dem jetzigen an unsere Stärken und versuche, das an unsere jüngeren Spielerinnen weiterzugeben. Ich bin guter Dinge, denn wir haben ja noch alles in eigener Hand. Wenn wir abrufen, was wir können, kommen wir weiter.“
Turbine-Trainer Bernd Schröder flog gestern keineswegs euphorisch nach Dänemark und bemüht für eine Prognose einen großen Weimarer Dichter: „Es wird wie in einem Drama bei Friedrich Schiller: Wir müssen noch mal zittern.“ Der Grund für Schröders innere Unruhe: „Wir hatten nicht damit gerechnet, unser Hinspiel nur mit 1:0 zu gewinnen, und die Däninnen wittern angesichts der aus ihrer Sicht unerwartet knappen Niederlage noch einmal Morgenluft.“ Was Brøndby-Trainer Klavs Rasmussen schon nach dem Hinspiel bestätigte: „Wir haben noch eine Chance.“ Sein Mannschaftskapitän Mia Brogaard sieht das ebenso. „Ich bin sehr glücklich über dieses Resultat“, sagte die 28-Jährige, die am Sonntag beim Meisterschafts-Heimsieg gegen den Tabellen- Sechsten Kolding Q den 4:0-Endstand besorgte (57.). Zuvor hatten Emma Madsen (47.), Camilla Kur (51.) und Lene Jensen (55.) für den Tabellenzweiten getroffen.
„Viel wird von der Tagesform abhängen und davon, wie unser Spiel von Anfang an läuft“, meint Potsdams Coach , aus dessen Team einige Spielerinnen krank oder gesundheitlich angeschlagen sind; Viola Odebrecht flog gar nicht erst nach Kopenhagen mit. Froh ist Turbine daher über die Rückkehr Anja Mittags, die im Hinspiel gegen Brøndby wegen einer Oberschenkel-Muskelverhärtung fehlte, am Sonntag aber schon wieder eine halbe Stunde mitwirkte und traf. „Ich habe das Spiel gut verkraftet und glaube an unsere Chance im Rückspiel“, so die 24-jährige Stürmerin, die in dieser Saison bisher schon acht Bundesli- ga- und sechs Champions-League-Tore erzielte. „Wichtig wird sein, dass wir unsere Chancen nutzen. Wer für uns trifft, ist mir egal.“ Schröder ist sich währenddessen sicher: „Mit Anja wird das ein anderes Spiel.“
Gestern Abend trainierten die Potsdamerinnen bei feinem Nieselregen noch einmal im 29 000 Zuschauer fassenden Brøndby-Stadion, in dem heute höchstens 2000 Besucher erwartet werden, darunter rund 50 Turbine-Fans. Heute ist nach dem Frühstück ein einstündiger Spaziergang am Brøndby-Strand geplant, um 12.30 Uhr das Mittagessen, um 16.30 Uhr noch einmal Spaghetti Bolognese, eine Stunde später die Abfahrt zum Stadion – und dort dann Turbines vierter Einzug ins Viertelfinale des UEFA-Cups, der jetzt Champions League heißt. (mit sid)
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