Aus dem GERICHTSSAAL: Schummelei mit Stundenzettel
Versuchte Strafvereitelung und Urkundenfälschung
Stand:
Als Stefan S.* (25) aus Zerbst (Sachsen-Anhalt) wegen eines im Raum Potsdam begangenen Raubes 2005 zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten auf Bewährung verurteilt wurde, erhielt er die Auflage, binnen einer bestimmten Frist 200 Sozialstunden zu leisten. Dazu hatte der junge Mann offenbar keine Lust. Der Widerruf der Bewährung drohte. Um ihren Schwiegersohn in spè vor der Inhaftierung zu bewahren, soll Marita M.* (42) – sie arbeitete damals als ABM-Kraft im Tierheim Zerbst – im Frühjahr 2007 Stefan S. rückwirkend mit Stempel und Unterschrift die Ableistung der Stunden im Jahr 2006 bestätigt haben. Die Sache flog auf. Seit dem 2. Januar dieses Jahres sitzt der Räuber seine Strafe nun im Gefängnis in Halle ab.
Von dort wurde er jetzt in Handfesseln ins Potsdamer Amtsgericht gebracht, um sich wegen Urkundenfälschung zu verantworten. Der Platz neben ihm war für Marita M. reserviert. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr versuchte Strafvereitelung sowie Urkundenfälschung vor. Stefan S. schwieg zum Tatvorwurf. Marita M. hingegen wies alle Schuld von sich. „Stefan hat in seiner Wohnung 14 Tage lang einen kleinen Hund betreut, der vor dem Tierheim gefunden wurde. Außerdem hat er beim Aufräumen geholfen, nachdem unsere Einrichtung am 13. Juli 2007 abgebrannt war“, berichtete die Angeklagte. „Damit waren für mich die 200 Stunden abgegolten.“ Heute wisse sie, dass sie nicht befugt war, eine derartige Bestätigung auszustellen. „Aktuell habe ich nicht darüber nachgedacht. Es tut mir leid, was ich gemacht habe“, beteuerte die Frau. Ein Tierheim-Verantwortlicher erzählte im Zeugenstand, er sei von Marita M. 2007 mehrfach gedrängt worden, eine rückdatierte Bescheinigung über die Stundenabgeltung zu schreiben. Das habe er abgelehnt, da nie die Rede davon gewesen sei, sie mit dem Hundesitting zu verrechnen. Auch habe Stefan S. keine Hand gerührt, als das Zerbster Tierasyl in Schutt und Asche fiel. „Die Aufräumarbeiten haben Firmen erledigt.“
„Die Betreuung eines kleinen Hundes beinhaltet einen erheblichen Spaßfaktor. Sie ist keinesfalls als unentgeltliche Arbeit zu werten“, betonte Staatsanwalt Peter Mitschke. Stefan S. habe seine Freundschaft zur Tochter der Angeklagten ausgenutzt, um seine Freiheit weiter genießen zu können. Marita M. habe ihm einen Beleg ausgestellt, der vollständig falsch war. „Der Angeklagte brachte die Fälschung zu seiner Rechtsanwältin. Die vertraute offenbar darauf, dass der Stundenzettel echt ist und reichte ihn bei Gericht ein“, so der Ankläger. Stefan S. solle für sein Tun sechs weitere Monate hinter Gitter, Marita M. eine Geldstrafe von 900 Euro zahlen. Die Entscheidung des Gerichts fiel mit 450 Euro für Stefan S. sowie 400 Euro Geldstrafe für die Angeklagte wesentlich milder aus. (*Namen geändert.) Hoga
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