Potsdam: Schützen verboten?
Wegen eines einlaminierten Tickets streitet sich Lucia Herz seit zwei Jahren mit dem Potsdamer Verkehrsbetrieb.
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Eigentlich wollte Lucia Herz nur ihre Jahreskarte vor Dreck und Rissen schützen. „Die Idee war, die Karte stabiler zu machen – mir war nicht klar, dass das ein Fehler ist“, sagt die Potsdamerin. Wegen eines laminierten Fahrausweises streitet sie sich seit mehr als zwei Jahren mit dem Verkehrsbetrieb in Potsdam (ViP). Doch der bleibt gegenüber der früheren Abo-Kundin hart – obwohl sie sogar schon Strafe gezahlt hat. Derzeit wartet die Erzieherin und Mutter dreier Kinder auf einen Verhandlungstermin am Amtsgericht.
Aber von Anfang. Es war der 14. März 2010, ein Sonntag: Lucia Herz lieh ihrem Sohn ihre übertragbare Umweltkarte aus, damit er zum Training fahren konnte. Herz hatte damals das Umweltticket für die Tarifzonen Potsdam AB im Jahresabo, wie sie berichtet. Die Tickets, so steht es in den Tarifbestimmungen des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB), dem der ViP angehört, sind übertragbar.
Was Lucia Herz nicht wusste: Weil sie die Karte einlaminiert – also in Plastikfolie eingeschweißt – hatte, war sie ungültig. Darauf machten Kontrolleure ihren Sohn an jenem Märztag aufmerksam. Nachzulesen ist das auch in den VBB-Tarifbestimmungen, einer gut 130 Seiten starken Broschüre. Ungültig sind demnach Tickets, die „vom Fahrgast einlaminiert bzw. eingeschweißt sind, sodass sie nicht mehr überprüft werden können“, heißt es dort in Paragraf 8. Wer sich nur mit der 24-seitigen Kurzfassung zum VBB-Tarif beschäftigt, erfährt von diesen Details nichts.
Noch am selben Tag, berichtet Lucia Herz, habe sie mit dem VBB telefoniert – beim ViP sei am Sonntag niemand erreichbar gewesen. Das Ergebnis: Herz solle sieben Euro zahlen – ein ermäßigtes erhöhtes Beförderungsentgelt. Das Geld zahlte sie wenig später beim ViP-Kundenzentrum am Hauptbahnhof. „Dort hat man mir zugesichert, dass die Sache damit erledigt ist“, erzählt die Potsdamerin.
Der Vorfall war eigentlich schon vergessen, als Familie Herz anderthalb Jahre später, Ende November 2011, das Schreiben einer Anwaltskanzlei im Namen der Verkehrsbetriebe erreichte. Auf insgesamt 99,41 Euro summierten sich Mahn-, Beförderungsentgelt- und Anwaltskosten für die vermeintliche Schwarzfahrt ihres Sohnes mittlerweile, wie dem Schreiben, das den PNN in Kopie vorliegt, zu entnehmen ist. Nach Rücksprache mit dem Anwalt wurde die Summe um die bereits gezahlten sieben Euro auf nunmehr 92,41 Euro gesenkt. Die Familie legte Widerspruch ein. Der Fall muss nun vom Amtsgericht Potsdam entschieden werden.
Wieso für denselben Vorfall überhaupt ein zweites Mal gezahlt werden soll, ist Lucia Herz unklar. Eine Erklärung dafür war auf PNN-Anfrage vom ViP nicht zu bekommen. Weil es sich um ein „schwebendes Verfahren“ handelt, könne man keine Informationen geben, sagte Unternehmenssprecher Markus Bräutigam. Die lange Zeitspanne, ehe sich der ViP per Anwalt bei der Familie meldete, erklärt er mit einer Systemumstellung.
Die Frage, wie viele Fahrgäste im vergangenen Jahr wegen einlaminierter Tickets Strafen zahlen mussten, beantwortete der ViP nicht. „Einlaminierte Fahrausweise werden nicht anerkannt, weil dadurch die Echtheit des Fahrausweispapiers nicht mehr nachweisbar ist“, erklärte der Unternehmenssprecher zu der Regelung. So sei etwa nicht mehr nachvollziehbar, ob das Gültigkeitsdatum manipuliert wurde. Auch die Grammatur – die flächenbezogene Masse des Papiers – könnten Kontrolleure nicht mehr prüfen.
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