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Landeshauptstadt: Schwalben im Schafstall
Die Zahl der Schwalben ist drastisch gesunken. Naturschützer starten Kampagne für die Zugvögel
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Bornim - Die Stromleitung vor dem Haus in der Florastraße 12 ist schon lange nicht mehr in Betrieb. Die Schülers haben sie trotzdem stehen gelassen. „Die Schwalben müssen ja irgendwo sitzen“, sagt Edelgard Schüler. Bis zu 30 Vögel versammeln sich am Morgen auf der Leitung, berichtet ihr Mann Hartmut. Der Schwalbengesang gehört für die beiden Florahof-Biobauern im Sommer einfach dazu. Schwalben nisten bei ihnen nicht nur am Wohnhaus, sondern auch in den Winterställen der Schafe. Dort kreisen die Vögel ungestört unterm Dach, in den Nestern im Dachgestühl kann man derzeit den hungrigen Nachwuchs beobachten. Für ihre Schwalbenfreundlichkeit wurde das Ehepaar am Mittwoch vom Naturschutzbund (Nabu) ausgezeichnet. Frank Fiedler, der Nabu-Kreisvorsitzende, überreichte eine Plakette mit der Aufschrift „Schwalben willkommen“.
Denn selbstverständlich ist das längst nicht mehr, wie der Naturschützer berichtet. Brandenburgweit sei die Zahl der Schwalben in den vergangenen Jahren drastisch zurückgegangen. Die Rauchschwalben, die man an der braunroten Kehle und den langen Schwanzspießen erkennt, stehen in der Mark mittlerweile auf der Roten Liste der gefährdeten Arten: Wurden 1996/1997 noch landesweit bis zu 300 000 Brutpaare gezählt, geht man aktuell von einem Bestand von maximal 55 000 Brutpaaren aus. Auch bei den Mehlschwalben hat sich die Zahl seit 1995 halbiert. Ein Grund für den Rückgang sind fehlende Nistplätze.
Spürbar sei diese Entwicklung auch in Potsdam, berichtet Sabine Jäger vom Nabu-Kreisvorstand: „In der Innenstadt muss man mittlerweile schon suchen.“ Als Hilfe für Schwalben empfiehlt der Nabu das Anbringen von Nistsimsen oder Kunstnestern. Gegen die Verschmutzung der Hauswand mit Kot seien Kotbretter hilfreich. Die Schwalbenplakette, die der Nabu in diesem Jahr erstmals vergibt, soll auf die Situation der Zugvögel aufmerksam machen. Landesweit hätten sich schon mehr als 100 Hausbesitzer gemeldet, sagt Frank Fiedler.
Aber immer wieder gibt es auch negative Nachrichten: In diesem Jahr habe ein Potsdamer Vermieter seine Mieter in Neu Fahrland sogar schriftlich aufgefordert, Schwalbennester zu entfernen oder den Hausmeister zu verständigen. „Mündlich passiert das sicher öfter mal“, glaubt er. Der Nabu zeigte den Vorfall bei der unteren Naturschutzbehörde der Stadt an – mittlerweile habe der Vermieter reagiert und die Mieter mit einem Schreiben aufgeklärt.
Denn es ist verboten, Nester von Schwalben zu entfernen, bestätigt Stadtsprecher Jan Brunzlow auf Anfrage. Das Verbot gelte nicht nur für Schwalben, sondern für alle europäischen Vogelarten – und das auch ganzjährig. Sämtliche europäischen Vogelarten gehörten laut Bundesnaturschutzgesetz und Bundesartenschutzverordnung zu den „besonders geschützten Arten“. Demnach ist es verboten, ihre Fortpflanzungs- oder Ruhestätten „aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören“. Bei der Naturschutzbehörde gebe es jedes Jahr einige wenige Hinweise auf Verstöße, so der Stadtsprecher.
Beim kommunalen Vermieter Gewoba sind Schwalbennester indes kein Thema, wie Unternehmenssprecher Stefan Meyer am Mittwoch sagte: „Die Gewoba fordert ihre Mieter nicht auf, Schwalbennester zu entfernen“, betont er. Ähnlich ist die Lage auch bei der Wohnungsgenossenschaft Karl Marx und dem Bauverein Babelsberg. Jana Haase
Bewerbungsformular für Schwalbenfreunde unter: brandenburg.nabu.de
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