Münsteraner schreibt über Potsdams Royal Luise: Schwärmen für Louise
Die „Royal Louise“ kam als Engländerin nach Preußen, wurde Ausflugsschiff der königlichen Familie, nach dem Krieg verfeuert und wieder aufgebaut. Nun gibt es ein Buch zur Geschichte der Yacht.
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Potsdam - Lange genug ist Michael Stoffregen-Büller immer wieder auf seinen Wannseetouren an der Royal Louise vorbei gefahren. Längst ist der 77-jährige TV-Journalist aus Münster, der am Wannsee einen kleinen Zweitwohnsitz hat, Mitglied im Royal Louise Yacht-und Schifffahrtsverein, der den historischen Segler erhält und betreibt. Jetzt war es an der Zeit, ein Buch zu schreiben – über die Fregatte als auch über deren ursprünglichen historischen Liegeplatz, die Kaiserliche Matrosenstation Kongsnæs in Potsdam. Als „ein Doppeldenkmal, zu Wasser und zu Land, weltweit einmalig“, bezeichnet der Autor das Ensemble. Am morgigen Mittwoch stellt er sein Buch „Auf Blauen Havelfluten. Royal Louise – die Fregatte der Preußenkönige und die Kaiserliche Matrosenstation zu Potsdam“ vor. Wer möchte, kann sich vor der Lesung im Vereins Seglerhaus Wannsee das Schiff auch in echt ansehen, denn dort hat die Fregatte derzeit ihren Liegeplatz.
Das Boot ist in mehrfacher Hinsicht geschichtlich interessant, und Michael Stoffregen-Büller hat diese Aspekte zusammengefasst. Da ist zunächst das Boot an sich, ein Beispiel historischen Schiffbaus und Zeugnis politischer Höflichkeit. Denn 1832 war das Boot ein prächtiges Geschenk des britischen Königs William IV. an den preußischen König Friedrich Wilhelm III.
Entdeckung des Segelns auf den Wasserwegen rund um Berlin und Potsdam
Anhand des Bootes lässt sich aber auch die Entwicklung des Wassersports, die Entdeckung des Segelns auf den Wasserwegen rund um Berlin und Potsdam erzählen. Das Boot erzählt jüngere deutsche Geschichte, illustriert altes und neues Geschichtsbewusstsein – denn es ist eben kein Original mehr, sondern „nur“ noch ein originaler Nachbau.
Die Geschichte birgt durchaus Tragik: „Bei Kriegsende 1945 lag es in Kiel“, sagt Stoffregen-Büller, „seit 1935 als Denkmal, als Zeugnis der deutschen, preußischen Marine.“ Als der Krieg verloren war, deuteten die Alliierten das anders. Das Schiff war plötzlich ein Nazi-Kriegsdenkmal. „1947 wurde die arme, unschuldige Louise auf Anordnung der Alliierten abgebaut. Also verheizt. Holz war nach dem Krieg Mangelware“, sagt der Autor. Nichts blieb übrig von dem prächtigen Dreimaster. Erst 1998 wurde es in der Werft Berlin–Köpenick wieder aufgebaut, alles originalgetreu – bis auf die moderne Inneneinrichtung, Küche und Toilette. Man orientierte sich an die vielen Fotos und Gemälde, die es schließlich gab.
Rückkehr zur englischen Schreibweise
Dabei war das Schiff an sich bereits ein Nachbau, im Maßstab 1:3 glich es der Form einer britischen Kriegsfregatte von 1825. In Potsdam kam das Schiffchen bei den Royals gut an. Benannt wurde es noch in London nach der allseits beliebten und verklärten Königin der Herzen – Luise, Friedrich Wilhelm III. Ehefrau, die 1810 verstorben war. Aus England stammt die englische Schreibweise, „Royal Louise“. Die Nationalsozialisten verwarfen das undeutsche ,o’, heute kehrte man wieder zur historischen Schreibweise zurück. Die königlich-kaiserliche Familie, freilich nie Luise selbst, auch wenn es so heißt, machte damit Ausflüge über die Havelgewässer und genoss die Privatsphäre und Abgeschiedenheit auf dem Wasser. Die Prinzen lernten vom Boot aus schwimmen, rudern und segeln, also die Takelage zu bedienen. Man feierte oder empfing besondere Gäste. Wenn nicht an Bord Kaffee getrunken wurde, ging man an der Pfaueninsel oder Schwanenwerder zum Picknick an Land.
Weil das Boot irgendwo liegen musste und die Prinzen sowieso von der Seefahrer-Sehnsucht erfasst waren, baute man schließlich am Jungfernsee die norwegische Matrosenstation, Heimathafen der Segelyacht – norwegische Holzhäuser mit Drachen-verzierten Giebeln mitten im preußischen Arkadien. Im Herbst freilich wurde und wird noch immer abgetakelt. Das kostbare Boot überwintert geschützt vor mitteldeutschen Wettern im Fregattenschuppen auf der Pfaueninsel.
„Lustsegeley“ auf Havel und Spree ein neuartiges Freizeitvergnügen im 19. Jahrhundert
Heute wird es regelmäßig vom Verein für Ausfahrten und Events genutzt, kann aber auch für private Fahrten gebucht werden. Mit 17,83 Metern Rumpflänge ist das Boot vergleichsweise klein für größere Gesellschaften. Etwa 20 Gäste können das Boot nutzen, dazu kommt noch die Besatzung, die der Verein stellt, eine Crew von sechs bis sieben ehrenamtlichen Matrosen.
Mal einfach so zum Spaß aufs Wasser fahren, die sogenannte „Lustsegeley“ auf Havel und Spree, war damals, Mitte des 19. Jahrhunderts, ein ganz neuartiges Freizeitvergnügen. Michael Stoffregen-Büller schreibt über glanzvolle höfische Feste mit Gondeln, Kuttern und Barkassen bis zur Gründung der ersten bürgerlichen „Segelklubbs“ am Wannsee und in Potsdam. Hier liegt der Ursprung der Freude am Segeln, das irgendwann zum Volksbrot wurde, sagt der Autor.
Michael Stoffregen-Büller hat für sein Buch viele historische Abbildungen zusammengesucht. Es wurde ein Buch für geschichtlich und maritim interessierte Leser, ebenso für Preußenfans. Wie schwierig sich bisweilen der Erhalt des historischen Erbes gestaltet beziehungsweise dessen Wiederaufbau, auch darüber schreibt der Autor. So hätte es der Verein gerne gesehen, die „Louise“ wieder mit ihrem ursprünglichen Hafen, der historischen Ventehalle der Matrosenstation Kongsnæs, die 2017 fertig werden soll, zusammenzuführen; die beiden Denkmäler zu vereinen. Doch aufgrund eines Geflechts von denkmalschutzrechtlichen und baurechtlichen Gründen scheint das derzeit unmöglich. „Der Verein bedauert das sehr“, sagt Stoffregen-Büller.
Lesung am morgigen Mittwoch um 19 Uhr im Verein Seglerhaus am Wannsee, Am Großen Wannsee 22-26 in 14109 Berlin
Michael Stoffregen-Büller: Auf blauen Havelfluten. Royal Louise – die Fregatte der Preußenkönige und die Kaiserliche Matrosenstation zu Potsdam. Hendrik Bäßler Verlag Berlin, 272 Seiten, 29,90 Euro
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