zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Schwarz oder Weiß

Harte Fronten im Streit um Bolzplatz

Stand:

Groß Glienicke - Zur Zukunft des Sport- und Bolzplatzes „Am Anger“ neben der Pestalozzi-Schule in Groß Glienicke hat das Potsdamer Verwaltungsgericht gestern keine Entscheidung getroffen. Fest steht lediglich: Eine gütliche Einigung, ein Kompromiss, scheint unmöglich. Nach entsprechenden Reaktionen der Verfahrensbeteiligten erklärte der Vorsitzende Richter Volker Reimus entnervt: „Wenn ihr Schwarzweiß wollt, kriegt ihr Schwarzweiß.“ Das Anwohner-Ehepaar Heidrun und Bernhard Stähr macht eine starke Lärmbelästigung durch die Sportanlage geltend und klagt gegen den Vereins- als auch gegen den Freizeitsport auf dem zentral gelegenen Platz. Lediglich Schulsport sollte ihrer Ansicht nach noch möglich sein.

Einen momentanen Vorteil durch die Verhandlung im Gericht gegenüber dem Nauener Tor haben die Groß Glienicker Kinder: Ab sofort dürfen sie den Bolzplatz wieder nutzen. Mit dem gestrigen Termin endete das einstweilige Bolzverbot aus einem vorangegangenen Eilverfahren. Wie Ortsvorsteher Peter Kaminski (Die Linke) erklärte, werde die Bolzzeit als Zeichen der Kompromissbereitschaft auf die Wochentage Montag, Mittwoch und Freitag von 16 bis 19 Uhr beschränkt. Die Anwohnerfamilie kündigte jedoch ein neues Eilverfahren an, um das Bolzen weiter zu verhindern. Begründung: An die vom Ortsbeirat angebotenen Beschränkungen werde sich ohnehin nicht gehalten.

Als „nicht entscheidungsreif“ schätzte Richter Reimus das Verfahren deshalb ein, weil ein durch das Gericht in Auftrag gegebenes Lärmgutachten „nicht das Gelbe vom Ei“ darstellt: Das Landesumweltamt hatte die in dem Gutachten dargelegten Lärm-Werte in Zweifel gezogen. Das Gericht erwägt Reimus zufolge, ein neues Gutachten in Auftrag zu geben. Zu klären sei die Frage, ob der Geräuschpegel als Begleiterscheinung von Fußballspielen der Vereine SV Rot-Weiß und SC 2000 am Wohnhaus der Familie Stähr gesundheitsschädigende Ausmaße annimmt. Basis für eine Entscheidung sind Lärmrichtlinien.

Weiterhin ist Richter Reimus zufolge zu klären, ob die Sportanlage Bestandsschutz genießt. Ortsvorsteher Kaminski zufolge war der Platz 1948 in freiwilliger Arbeit als „Nationales Aufbauwerk“ errichtet und zunächst vom SV Rot-Weiß genutzt worden. 1971 sei der Verein in den Armeesportklub (ASK) aufgegangen. 1990 wurde er neu gegründet. Die klagende Familie, die an der Bergstraße seit 1975 zunächst mit einem Wochenend- und seit 1985 mit einem Wohnhaus ansässig ist, erklärte, der Spielbetrieb sei seit 1990 stark angestiegen. Der SV Rot-Weiß hat nach Vereinsangaben allein acht Jugend- und zwei Männer-Mannschaften. Auch Kaminski räumte ein, dass heute mehr gespielt werde. Zu den mittlerweile 4000 Groß Glienickern zählten allein 800 Kinder.

Die Ausweitung der Nutzung der Sportanlage verglich der Richter mit den Autobahnen, auf denen in den 1930iger Jahren nur jede halbe Stunde ein Auto vorbei fuhr. Dass ein Sportplatz später vielleicht mehr genutzt wird, sei eine Möglichkeit, die bereits schon in der Anlage eines Sportplatzes enthalten sei. Dennoch sind beide Seiten nun aufgerufen, Zeugen zu benennen, die berichten können, wie stark der Platz vor 1990 in Anspruch genommen wurde. Guido Berg

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })