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Prozess gegen Rückenwind e.V.: Schwarzarbeit statt Ehrenamt

Am Dienstag ging der Prozess vor dem Potsdamer Amtsgericht zu Ende. Rückenwind-Chefs müssen Geldstrafe zahlen

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Was bleibt, sind Geldbußen von mehreren Tausend Euro und viele enttäuschte Menschen: Am Potsdamer Amtsgericht ist am gestrigen Dienstag der Prozess gegen drei frühere Geschäftsführer des Vereins Rückenwind zu Ende gegangen – einem der größten Sozialträger der Stadt. Nach jahrelangen Ermittlungen hatte die Staatsanwaltschaft Ralf R.* (65), Gundula G. (64) und Helga H. (68) angeklagt. Sie sollen Beiträge an die Sozialversicherungen unterschlagen haben – also Schwarzarbeiter beschäftigt haben. Ein Schaden von 143000 Euro soll so entstanden sein. Die Vorwürfe liegen schon länger zurück. Sie betreffen den Zeitraum von Januar 2007 bis Dezember 2010.

Laut Anklage sollen die drei Angeklagten insgesamt 277 Hartz-IV-Bezieher jahrelang Honorare oder Aufwandsentschädigungen für Betreuung und ehrenamtliche Tätigkeiten bezahlt haben. Steuer- und beitragsfrei seien derartige Zahlungen aber nur, wenn die ehrenamtliche Tätigkeit als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher oder Betreuer, in nebenberuflichen künstlerischen Bereichen oder der Pflege von älteren beziehungsweise behinderten Menschen erbracht werde, so der Staatsanwalt. Tatsächlich arbeiteten die zuvor meist lange Zeit arbeitslosen Potsdamer als Kraftfahrer, Möbelträger, Verkäufer, Helfer im Lager oder als Monteure in der ehemaligen Fahrradwerkstatt von Rückenwind.

Eine erste Verhandlung der Vorwürfe war im August nach kurzer Zeit unterbrochen worden. Die Verteidiger wollten noch zahlreiche Zeugen vernehmen. Von diesen erschienen am Dienstag gleich mehrere nicht – teilweise unentschuldigt. Fünf Zeugen waren immerhin im Gerichtssaal, darunter ehemalige Beschäftigte von Rückenwind. Doch zu ihrer Vernehmung kam es nicht. Zwei der Angeklagten, Ralf R. und Helga H., verlasen Erklärungen, in denen sie die Taten einräumten – allerdings beteuerten sie, in bester Absicht und Unkenntnis gehandelt zu haben. Daraufhin wurde das Verfahren gegen Helga H. vorläufig eingestellt – mit der Auflage, innerhalb von sechs Monaten 2000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zu spenden. Ihr Tatbeitrag sei verhältnismäßig gering, hieß es. Ralf R. wurde zu einer Geldstrafe verurteilt: Insgesamt 6000 Euro muss er in 30 Tagessätzen zahlen. Die dritte Mitangeklagte war aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Verhandlung erschienen. Gegen sie erließ Amtsrichter Oliver Kramm auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl über 3000 Euro in 100 Tagessätzen.

Nicht nur für die Angeklagten haben sich die nicht deklarierten Aufwandsentschädigungen zu einer kostspieligen Angelegenheit gewandelt: Die ehemaligen Beschäftigen mussten das in der fraglichen Zeit erhaltene Arbeitslosengeld zurückzahlen. Es soll sich um Forderungen bis zu 5000 Euro gehandelt haben. Die Ermittlungen gegen die frühere Rückenwind-Spitze waren 2011 bekannt geworden, nachdem es beim Verein eine Hausdurchsuchung gegeben hatte. Bei dem 1996 gegründeten Verein können straffällig gewordene Jugendliche Aus-, Fort- und Weiterbildungen in Sozialmaßnahmen und betreuten Beschäftigungsprojekten absolvieren.

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