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Von Kay Grimmer: Schweben im Combino

Tram-Selbstfahren beim Tag der Offenen Tür des ViP / Ausschreibung: Vorschlag an Aufsichtsrat

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Babelsberg - Mit bis zu 50 Kilometer in der Stunde über den Betriebshof kesseln: Das Straßenbahn-Selbstfahren war der Hit beim Tag der Offenen Tür, zu dem der Verkehrsbetrieb in Potsdam am Samstagnachmittag eingeladen hatte. „Das ist wie Computerspielen“, sagte der 23-jährige Student John Rohloff.

In der Tat: Ein kleiner Joystick links neben dem Fahrersitz – im Fachchinesisch Sollwertgeber genannt – ist Gas- und Bremspedal in einem. Ein leichter Druck auf den Joystick-Kopf und schon setzt sich das tonnenschwere Gefährt in Bewegung. Die riesige Frontscheibe eröffnet einen Panorama-Blick auf die Strecke – die auf dem Betriebsgelände zugegebenermaßen lediglich einige Dutzend Meter sind. Das Paradoxe: Während Combino-Fahrgäste immer wieder über ruckelige Fahrbewegungen klagen, Knarzen und Quietschen im Fahrgastraum bemängeln, gleicht das Fahrgefühl in der Kanzel einem Schweben. „Im Vergleich mit den Tatra-Bahnen oder den alten Gotha- Trams mit riesigem Lenkrad ist das Fahren von Combinos ein Kinderspiel“, sagt auch Roland Hänel, beim ViP für die Fahrschulausbildung verantwortlich und beim Tag der Offenen Tür der Combino- Einweiser für die Fahranfänger. Mit der Selbst-Fahr-Aktion wolle man den Passagieren vielmehr das Verständnis für die Anforderungen eines Straßenbahnfahrers eröffnen. Einige Fahrgäste würden geradezu Stresssituationen provozieren. „Die stehen direkt an der Haltestellenkante, als ob sie darauf warten, dass der Spiegel der Tram sie am Kopf erwischt. Bei Verspätungen steigen manche absichtlich langsam ein“, bemängelt Hänel das Verhalten einiger ViP-Kunden.

Ganz andere Sorgen dagegen trieben Ordnungsbeigeordnete Elona Müller (parteilos) und ViP-Geschäftsführer Martin Weis um: Verschmutzung und Vandalismus bleiben eine der größten Sorgen beim Verkehrsbetrieb. Zwar werden beispielsweise zerkratzte Scheiben schneller ausgetauscht, so Weis, aber die Kosten dafür sind hoch: 20 000 Euro kostet das Wechseln der Schutzfolien bei einem Tatra-Zug. Ob die seit Mai eingeführte Sicherheits-Begleitung insbesondere in den Abend- und Nachtstunden einen Rückgang bei Vandalismusschäden bringt, wollte Weiß nicht bestätigen. Das Projekt soll nichts desto trotz 2009 weitergehen. Dann wolle man die Prävention stärker in den Vordergrund rücken. Ein Anliegen, das auch Müller unterstützt: „Sauberkeit und Sicherheit lebt vom Mitmachen jedes einzelnen“, sagte die Ordnungsbeigeordnete vor den hunderten Gästen, die zum Tag der Offenen Tür kamen und sich Werkstätten, Leitstelle sowie die Fahrzeugflotte anschauten. Letztere wird in naher Zukunft weiter modernisiert, wie Geschäftsführer Weis sagte: Derzeit laufe die Ausschreibung für neue Straßenbahnen (PNN berichteten). Bis zum Wochenende sollen aus den drei abgegebenen Angeboten ein Vorschlag an die ViP-Aufsichtsratsmitglieder gehen.

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