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Von Sabine Schicketanz: Schwemmland und Millionen für Uferweg

Stadt will am Griebnitzsee 13 Millionen Euro ausgeben / 40 Bootshäuser und 17 Stege für Anrainer / Plattner muss warten

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Babelsberg - Im Griebnitzsee-Konflikt startet Potsdam einen neuen Anlauf. Die Stadt legte am Mittwoch den Entwurf für einen Bebauungsplan vor, der den öffentlichen Weg auf dem ehemaligen Mauerstreifen sichern soll. Die Kosten dafür beziffert die Stadt auf knapp 13 Millionen Euro: 3,5 Millionen Euro für den Kauf aller benötigten Flächen, 3,8 Millionen Euro für Entschädigungen der privaten See-Anrainer für Wertverlust ihres Eigentums, vier Millionen Euro für den Wegebau, 1,5 Millionen Euro Gerichtskosten und Rechtsanwaltshonorare.

Das Stadtparlament werde den Ufer-Plan im besten Fall im Oktober 2011 und spätestens im Juni 2012 beschließen können, sagte der Baubeigeordnete Matthias Klipp (Bündnisgrüne). Bis der Uferweg gebaut wird, dauere es wahrscheinlich bis 2015 – denn die Stadt geht fest davon aus, dass private Anrainer erneut gegen den Bebauungsplan klagen. Erweist er sich als juristisch korrekt, müssten sich die Anrainer dem Vorhaben der Stadt fügen, ein Wegerecht einräumen oder die Flächen für den Weg an die Stadt verkaufen. Lehnten sie beides ab, werde Potsdam zum „letzten Mittel“ Enteignungen greifen, so Klipp.

Den ersten Ufer-Plan Potsdams hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) Ende Mai 2009 kassiert. Ein Grund: Die Stadt habe die Bedeutung des Privateigentums missachtet. Mit dem Gerichtsurteil sperrten ein Dutzend Anrainer den Weg über ihre Grundstücke und legten Gärten an. Seitdem ist das Ufer kaum mehr öffentlich zugänglich; ein Betretungsrecht existiert nicht.

Mit dem neuen Ufer-Plan will die Stadt so wenig Privatland wie möglich in Anspruch nehmen. Auch geht es nicht mehr um einen Uferpark, sondern um einen vier Meter breiten Uferweg. Er liegt, so es die Anrainer nicht anders wollen, möglichst nah am Wasser und soll vornehmlich Fußweg, aber auch Radweg sein. Demnach verläuft er nicht mehr genau auf dem ehemaligen Postenweg. Auf 330 Metern – also rund zehn Prozent der Gesamtlänge – soll der Weg jetzt sogar über Schwemmland führen, das der Wasserstraßenverwaltung gehört. Mit der Bundesbehörde habe Potsdam sich dazu geeinigt und werde einen Vertrag abschließen, so Baubeigeordneter Klipp. Der Uferweg auf diesen Flächen sei ein „Steg ohne Steg“ vor den Privatgrundstücken. Ihn anzulegen, sei aufwändig und teuer, so Klipp. Es müssten Spundwände gezogen werden. Als Zugeständnis an die Anrainer will die Stadt außerdem für jedes Seegrundstück ein Bootshaus oder einen Steg genehmigen – maximal 40 Bootshäuser und 17 Stege. Ob die Anrainer die Bootshäuser und Stege wollen, ist unklar. Bei der ersten öffentlichen Auslegung des Planentwurfs habe es 131 Stellungnahmen gegeben, aber keine einzige von Seeanrainern, sagte der Baubeigeordnete.

Der Potsdam-Mäzen, SAP-Gründer und Milliardär Hasso Plattner, der eine Villa am Griebnitzsee besitzt und den Uferweg bereits für die Öffentlichkeit hergerichtet hat, muss sich laut Klipp mindestens bis Oktober 2011 gedulden, um sein Bootshaus zu bauen. Vorher könne die Stadt es nicht genehmigen. Plattner hatte vor drei Monaten angekündigt, gegen die Stadt vor das Verwaltungsgericht zu ziehen, weil er keine Genehmigung bekam. Dazu ist es nach Angaben von Stadtsprecher Stefan Schulz aber nicht gekommen. Hintergrund der Nicht-Genehmigung sei eine Formsache gewesen: Plattner habe seinen Antrag erst vollständig eingereicht, als der alte Bebauungsplan schon kassiert war.

Einen Strich durch die neue Potsdamer Rechnung könnte der Bund machen: Verkauft er seine 3,5 Hektar umfassenden 51 ehemaligen Mauergrundstücke nicht an Potsdam, sondern an die privaten Anrainer, wäre der jetzige Bebauungsplan Makulatur. Den Uferweg dann trotzdem durchzusetzen, werde laut Klipp „ein Mehrfaches“ der jetzt kalkulierten 13 Millionen Euro kosten und bis 2025 dauern.

Die Entscheidung über den Verkauf der Bundesgrundstücke trifft der Haushaltsausschuss des Bundestags, der Termin dafür wurde immer wieder verschoben. Die Rede ist jetzt von Januar 2011. Bisher hat das federführende Bundesfinanzministerium den Parlamentariern keinen Vorschlag gemacht. Grund sei, dass die Bundesanstalt für Immobilien (Bima) noch immer das von ihr im Spätsommer durchgeführte Bieterverfahren auswerte. Potsdam hält das Bieterverfahren für rechtswidrig. Bürgermeister Burkhard Exner (SPD) erneuerte am gestrigen Mittwoch die Ankündigung, im Falle eines Verkaufs an Private gegen den Bund zu klagen.

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