Von Jana Haase: Schwerer Preis
David Kross ist einer von zehn „Shooting Stars“ der Berlinale – die Preis-Figur „Maria“ entstand in Babelsberg
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Sie wiegt fast soviel wie ein echter Oscar: Die Maria-Statuette, die gestern Abend im Berlinale-Palast an zehn Nachwuchsstars des Europäischen Films vergeben wurde, ist 3200 Gramm schwer, 33 Zentimeter hoch und kommt aus Babelsberg. Mitarbeiter des Art Departments der Studios fertigten die Roboterfrau nach den 80 Jahre alten Original-Entwürfen von Walter Schulze-Mittendorf aus poliertem Edelstahl: Es ist eine Nachbildung der Maria aus Fritz Langs Stummfilmklassiker „Metropolis“, einer Figur, in der Studio-Vorstand Carl L. Woebcken das „wichtigste Symbol für die Tradition des Studio Babelsberg“ sieht. Zum ersten Mal ist das Studio in diesem Jahr Hauptsponsor des Nachwuchspreises, den das Filmnetzwerk „European Film Promotion“ seit 12 Jahren vergibt.
Und es ist ein deutliches Zeichen für das Fortleben jener Studio-Tradition, wenn unter den Preisträgern in diesem Jahr gleich ein weiteres Babelsberg-Gesicht ist: David Kross, der Hauptdarsteller der Studio-Koproduktion „Der Vorleser“ von Regisseur Stephen Daldry. „Wir sind sehr stolz darauf“, sagte Studio-Vorstand Woebcken. Für den 18-jährigen Kross war „Der Vorleser“ erst der dritte Kinofilm nach „Knallhart“ und „Krabat“. Die fünfköpfige EFP-Jury sieht in dem Schausspieler „ein schnell heranreifendes Talent, das die ganze Spannweite der Emotionen, von Aggression bis Verletzlichkeit, zum Ausdruck bringt“.
Auf der Pressekonferenz im Kaisersaal am Vormittag wirkt Kross zunächst nur angespannt. Immer wieder wandert sein Blick unruhig umher, die Augen sind müde, der Stress der vergangenen Tage ist ihm anzusehen – ein Preis des Erfolgs von „Der Vorleser“. Auch wenn Kross zwischen neun weiteren Nachwuchsstars auf dem Podium sitzt, betont unauffällig gekleidet sogar mit dem grauem Pullover, der schwarzen Jeans und den grauen Turnschuhen, ist er der eigentliche Star und heimliche Mittelpunkt: Fast drei Stunden lang muss er nach der Pressekonferenz noch die Fragen der Journalisten beantworten, unterbrochen nur von kurzen Zigarettenpausen.
Warum sich in Deutschland so viele Jugendliche für Rechtsextremismus interessieren, wollen sie wissen. Und ob er glaubt, dass „Der Vorleser“ etwas daran ändern kann? Wieso gerade Filme über Liebespaare mit großem Altersunterschied Konjunktur haben? Kross lässt den Fragenmarathon geduldig über sich ergehen und antwortet freundlich.
„Ich habe aufgehört zu zählen“, sagt er auf die Frage nach der Zahl der absolvierten Interviews: „Bei der letzten Berlinale war nicht so viel los.“ 2006 hatte Kross in Berlin Detlev Bucks „Knallhart“ präsentiert. „You know, it’s “, beginnt er einen Satz und unterbricht sich wieder, als er merkt, dass er ins Englische gerutscht ist. Zumindest in den nächsten drei Tagen hat er immerhin frei: „Dann kann ich mir auch ein paar Filme angucken“, hofft er: „Mein bester Kumpel ist mit in Berlin.“
Spätestens am 22. Februar fliegt er nach Los Angeles zur Oscar-Verleihung: „Das wird spannend“, sagt David Kross und nickt wie zur Bestätigung. Kate Winslet hat für ihre Rolle erst am Sonntag den BAFTA – das britische Äquivalent zum Oscar – gewonnen und im Januar die Golden Globes eingesteckt.
Vielleicht ist die Maria, die David Kross als „Shooting Star“ gestern entgegen nehmen konnte, ein gutes Omen: Es gibt das Gerücht, dass die Roboterfrau aus „Metropolis“ einst Vorbild für die Oscar-Statuette gewesen ist, erzählt Studio-Vorstand Christoph Fisser lächelnd. Der erste Oscar wurde 1929, also zwei Jahre nach Fritz Langs Stummfilm, verliehen. Er ist 34,3 Zentimeter hoch, 3850 Gramm schwer und glänzt golden. Gut möglich also, dass er am 22. Februar dahin geht, wo er seine Wurzeln hat – nach Babelsberg.
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