Landeshauptstadt: Schwulsein ist mehr als Sexualität
LesbiSchwules Aktionsbündnis „Andersartig“ feiert heute zehnjähriges Bestehen
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Gleichgeschlechtliche Lebensweisen sind denen der Heterosexuellen gleichgestellt. Sinngemäß steht es so in der brandenburgischen Landesverfassung und ist Ergebnis harter Arbeiter derer, die sich vor nunmehr zehn Jahren in Potsdam zum LesbiSchwulen Aktionsbündnis „Andersartig“ e.V. zusammenschlossen.
Dennoch sei dieser Leitsatz in einigen Teilen des Landes mehr Wunsch als Wirklichkeit, sagt der Sprecher des Bündnisses André Stephan. „Noch immer ist es für viele ein großes Problem, sich zu ihrer Homosexualität zu bekennen, sich zu outen.“ Sogar in der eigenen Familie oder im Freundeskreis erführen sie Diskriminierung. Der „Andersartig“-Sprecher erklärt das vor allem mit Unwissenheit. „Die meisten haben nur eine vage Vorstellung davon, was gleichgeschlechtliche Lebensweisen überhaupt sind“, so André Stephan.
Eine der Hauptaufgaben seines Vereins sei deshalb auch die Aufklärungsarbeit. „Andersartig“ werde vor allem von Schulen eingeladen, um mit den Kindern und Jugendlichen über Homosexualität zu reden. „Vielfach stellen wir dort fest, dass Schwul- und Lesbischsein – wenn überhaupt – lediglich im Sexualkundeunterricht und dort auch nur als Unterspielart der Sexualität durchgenommen wird“, sagt Stephan. Dabei gehöre das Thema beispielsweise auch in das Fach LER. „Homosexualität ist eine Form der Lebensgestaltung“, betont der Vereinssprecher. Grundsätzlich verbuche „Andersartig“ es schon als Erfolg, wenn gleichgeschlechtliche Liebe überhaupt thematisiert werde. Gerade in ländlichen Gegenden Brandenburgs werde die Liebe zwischen Männern oder Frauen völlig ausgeklammert, wie die Engagierten des Vereins bei ihrer jährlichen Tour anlässlich des Christopher Street Days erfahren müssen. Mancher Bürgermeister weigere sich schlichtweg, die Regenbogenfahne – Symbol für gleichgeschlechtliche Lebensweisen – vor seinem Rathaus zu hissen.
Neben der Aufklärungsarbeit betreibt der „andere Dachverband für das Land Brandenburg“ auch die Landeskoordinierungsstelle für lesbisch-schwule Belange unter der Geschäftsführung von Gabriele Kerntopf. Dafür gibt es Fördergelder aus dem Ministerium für Arbeit, Familie, Gesundheit und Soziales. Behörden und Institutionen – vor kurzem auch die brandenburgische Polizei – setzten verstärkt Beauftragte ein, die nicht nur die Fraueninteressen, sondern auch die von Schwulen und Lesben in der Verwaltung vertreten. Die Koordinierungsstelle ist Ansprechpartner und bietet gleichzeitig Aufklärungskurse für diese Leute an.
Homosexualität im Unterricht, LesbiSchwulen-Beauftragte in den Behörden, die Homoehe – es tut sich etwas im Land. Und das wird auch von „Andersartig“ honoriert. Dennoch sei der in der Landesverfassung verankerte Anspruch noch keine Selbstverständlichkeit, stellt André Stephan fest. Es bleibt also noch genug zu tun für das Aktionsbündnis. So auch das Erstellen einer eigenen Internetseite, die sich unter www.andersartig.info noch im Aufbau befindet. Heute Abend aber schaut man auf das in zehn Jahren Erreichte zurück. Der offizielle Festakt, zu dem alle Interessierten eingeladen sind, beginnt um 18.30 Uhr in der Lounge S13 im ehemaligen „Spartacus“ in der Schlossstraße. Die große Party mit Musik, Kleinkunst und Tombola zu Gunsten des Vereins stiegt ab 22 Uhr. Dann kostet der Eintritt zwei Euro. Nicola Klusemann
Nicola Klusemann
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