Landeshauptstadt: Seit gestern deutsch
73 Potsdamer Ausländer erhielten 2006 die deutsche Staatsbürgerschaft – 18 weniger als 2005
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Innenstadt - Seit gestern Nachmittag ist Tatjana Frenk Deutsche. Die Umwandlung der Moldawierin zur Staatsbürgerin der Bundesrepublik dauerte nur ein Händeschütteln mit der Sozialbeigeordneten Elona Müller. Diese übergab Frenk mit der Staatsbürgerschaftsurkunde auch gleich das Grundgesetz, die brandenburgische Landesverfassung und eine Rose. 17 Potsdamer haben so gestern im Standesamt in der Friedrich-Ebert-Straße die Rechte und Pflichten eines Deutschen erhalten. Unter ihnen Libanesen, Ungarn, Kubaner und eine Familie aus Vietnam.
Die zweieinhalbjährige Milena war die einzige, die der halbstündigen Zeremonie mit Nationalhymne nicht ernsthaft folgte. Die gebürtige Potsdamerin, die laut Pass bis gestern Russin war, ist die jüngste Neu-Bürgerin der Landeshauptstadt, der 78-jährige Vladimir Koslovskiy aus Moskau der älteste. Insgesamt sind in diesem Jahr 73 Menschen in Potsdam Deutsche geworden, 2005 waren es sogar 91, so die zuständige Verwaltungsmitarbeiterin, Carmen Zagorski. Dass dieses Jahr weniger Einbürgerungen stattgefunden hätten, sei aber reiner Zufall, sagte sie den PNN. Eigentlich steige deren Zahl seit den 90er Jahren stetig. So nahmen noch 1995 in Potsdam gerade einmal 28 Ausländer die deutsche Staatsbürgerschaft an.
Die ehemalige Russin Anna Tarkhanova hat sich auch schon vor diesem Ereignis deutsch gefühlt. Ihr Herkunftsland kenne sie nur vom Urlaub. Seit dem dritten Lebensjahr lebt die 17-Jährige in Potsdam. Hier hat sie mit der Schülerband „Alles Gute“ schon Rockwettbewerbe gewonnen. Tatjana Frenk dagegen habe von diesem Tag schon lange geträumt, sagte sie. Deutsch zu sein, sei ihr wichtig: „Ich wohne hier, ich will hier auch wählen.“ Sehr, sehr froh sei sie nicht nur, weil sie nun nicht mehr ständig eine Arbeitserlaubnis bei sich tragen muss. Sondern auch, weil die Angestellte der Jüdischen Gemeinde „endlich etwas Gutes für Deutschland tun kann – zum Beispiel in einer Partei“. Denn Deutschland habe „schon viel Gutes für mich gemacht“, findet sie. Frenk lebt seit fast zehn Jahren in ihrer neuen Heimat. Mindestens acht Jahre müssen Bewerber in der Bundesrepublik wohnen, um die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen zu können. Mit Deutschen verheiratete Ausländer können bereits nach drei Jahren eingebürgert werden, „wenn sie mindestens zwei Jahre verheiratet sind“, so Zagorski. Bei so genannten Kontingenflüchtlingen und Staatenlosen könne diese Karenzzeit verkürzt werden. Trotzdem wartet Milenas Großmutter bereits seit drei Jahren auf den deutschen Pass. Und das, obwohl sie 15 Jahre in Potsdam lebt. Das Problem: Sie zog aus der Sowjetunion hierher und die existiert nicht mehr. Ihr sowjetischer Pass ist ungültig, sie selbst derzeit staatenlos. Ihre Tochter Larissa Spolan dagegen hatte erst vor einem Dreiviertel Jahr die deutsche Staatsbürgerschaft für sich und Milena gestellt. Für deren Erhalt mussten Spolan und die anderen Bewerber einem Deutsch-Test ablegen. Außerdem dürfen sie keine Vorstrafe haben und sollen möglichst nicht von staatlicher Hilfe abhängig sein. Und schließlich kostet sie die neue Nationalität eine 255 Euro Gebühr.
Auch wenn Milena gestern den großen Moment noch nicht begriff – ihre Oma hat ihn für später in einem Foto festgehalten.
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