Landeshauptstadt: Seitenhieb gegen Platzeck
Zweifelhafte Laienarbeit soll gefördert worden sein
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Im Inhaltsverzeichnis nicht einmal erwähnt, feuert ein unter „Literaturschau“ eingeordneter Beitrag von Vorstandsmitglied Clemens Bergstedt im neuen Heft 02/08 der „Mitteilungen der Studiengemeinschaft Sanssouci“ schwere Breitseiten gegen die von Olaf Thiede und Dr. Jörg Wacker herausgegebene „Chronologie Potsdam und Umgebung“, führt aber auch einen Seitenhieb gegen Ministerpräsident Matthias Platzeck. Das im Dezember 2007 vorgestellte dreibändige, 1099 Seiten starke Mammutwerk war damals von Platzeck als „Geschenk an die Mark Brandenburg zum 850. Geburtstag des Landes“ bezeichnet worden. Der Regierungschef hatte sich persönlich dafür eingesetzt, dass der Energiekonzern e.on edis als Mäzen die Herstellung des aufwändig gestalteten Werkes mit mehreren 1000 Euro sponserte.
Schon wenig später wiesen prominente Historiker der Universität Potsdam darauf hin, dass das frühe Mittelalter, über das für Potsdam kaum schriftliche Quellen vorliegen, fehlerhaft dargestellt worden sei. Wacker und Thiede räumten daraufhin im Gespräch mit den PNN ein, auch umstrittene Belege für diese Zeit herangezogen zu haben. Bergstedt, der Kurator des Mittelaltermuseums auf der Burg Ziesar, lässt in seiner Rezension nun aber überhaupt kein gutes Haar mehr an der „Chronologie“. Er bezeichnet sie als Beispiel dafür, dass „die Flut von Beiträgen und Büchern zu historischen Themen aus der Feder von Laien“ – Wacker ist promovierter Gartenhistoriker, Thiede Grafiker – durch „Fehler, falsche Zusammenhänge, veraltete Forschungsstände u.v.a.m. „die Geschichtswissenschaft und ihre Vertreter letztendlich diskreditiert“. Er will eine „Fehlerzahl in dreistelliger Höhe“ auch für die jüngeren geschichtlichen Epochen ausgemacht haben. Bergstedt wirft dem Ministerpräsidenten vor, mangels fachkundiger Beratung dieses Laienprojekt gefördert zu haben, während er für das „deutschlandweit hoch anerkannte Brandenburgische Klosterbuch eine solche Unterstützung“ verweigerte.
Die Veröffentlichung der massiv kritischen Rezension in den „Mitteilungen“ bringt Schriftleiter Dr. Klaus Arlt in Erklärungsnot. Der Vorsitzende der Studiengemeinschaft Sanssouci hatte Ende 2007 bei der Präsentation der „Chronologie“ die Laudatio gehalten. Auf Anfrage der PNN erklärte Arlt dazu, er sei kurzfristig um die Übernahme der Laudatio gebeten worden, ohne das Buch zu kennen.
Das neue Heft der „Mitteilungen“ bringt außerdem unter anderem Beiträge zum Palast Barberini, zur Einführung der Kartoffel in Brandenburg und Erinnerungen der Stülpnagel-Tochter Marie-Luise von Ilsemann über ihre Potsdamer Haftzeit nach dem Attentat vom 20. Juli 1944. E. Hoh.
Die „Mitteilungen“ sind für 5,50 Euro im „Internationalen Buch“, Brandenburger Str. 41/42, erhältlich.
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