Aus dem GERICHTSSAAL: Selbsternannter Kinderschützer?
Polizei fand tausende pornografische Darstellungen auf PC eines Potsdamers
Stand:
Das jüngste Kind auf den pornografischen Video- und Bilddateien war etwa zwei Jahre alt, die ältesten acht. 4330 „exakte Treffer“ sowie über 6000 „ähnliche Treffer“ stellte die Polizei bei der Durchsuchung des Computers von Mario M.* (43) fest. Angeklagt wurde der Potsdamer aber lediglich wegen 28-fachen Besitzes und Beschaffens von kinderpornografischen Schriften, „die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben“. Gestern wurde der Kraftfahrer vom Schöffengericht dafür zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt, ausgesetzt zu drei Jahren Bewährung. Zudem muss er 3000 Euro an den Kinderschutzbund zahlen.
Die Taten lagen zwischen November 2005 und Juli 2007. Mario M. gestand freimütig, eine Vielzahl verbotener Bilder auf seinen PC geladen zu haben. Allerdings – so der Junggeselle – habe er sich an den Darstellungen nicht ergötzen wollen. Sein Ziel sei gewesen, Kinder vor solch einer „widerlichen Art“ des Missbrauchs zu schützen. Deshalb habe er im Internet gezielt nach einschlägigen Dateien gesucht, anschließend die Polizei über seine Entdeckungen informiert. „Ich habe den Beamten Dutzende Mitteilungen in die Dienstzimmer gelegt, anonym. Ich wusste ja, dass der Besitz von derartigen Bildern strafbar ist“, begründete der Kahlgeschorene sein Tun. Doch die Polizei habe nicht reagiert.
„Warum haben Sie sich nicht an den Kinderschutzbund oder den Weißen Ring gewandt?“, fragte der Staatsanwalt. „Und wie sind Sie überhaupt an die Dateien gelangt? Solche Seiten findet man nicht einfach bei Google. Da muss man schon wissen, wonach man sucht.“ Mario M. parierte, seiner Ansicht nach sei die Staatsmacht für die Verfolgung dieser Delikte zuständig. „Aus Beweisgründen“ habe er die auf seinem Rechner gespeicherten Darstellungen nicht gelöscht. „Ich habe die Filme und Bilder bearbeitet, um eventuell Personen im Hintergrund zu erkennen“, klärte der Angeklagte das Gericht auf. In einigen Fällen sei ihm das auch gelungen. „Diese Argumente höre ich in jedem zweiten Kinderpornografie-Prozess. Das sind doch Schutzbehauptungen“, entgegnete der Staatsanwalt. „Sie haben eine massive Anzahl kinderpornografischer Dateien gespeichert, und zwar aus eigenem Interesse.“ Als besonders verwerflich brandmarkte der Ankläger, dass sich Mario M. an einem einzigen Tag 54 Dateien herunterlud, die den sexuellen Missbrauch eines „sehr, sehr kleinen Mädchens“ zeigen. „Sie sollten darüber nachdenken, sich einer Therapie zu unterziehen.“
„Den selbsternannten Ermittler in Sachen Kinderschutz nimmt Ihnen das Gericht nicht ab. Ich denke, Sie reden sich die Sache schön“, befand die Vorsitzende in ihrer Urteilsbegründung. Da Mario M. bislang nicht vorbestraft sei, könne man jedoch davon ausgehen, dass er sich die Verhandlung zur Warnung gereichen lasse. Auf das Treiben des Potsdamers wurde übrigens ein italienisches Kinderschutzportal aufmerksam. Unmittelbar darauf begannen die Ermittlungen gegen ihn. (*Name geändert.) Hoga
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