Landeshauptstadt: Selbstreinigungen, Spitzen und harte Gänge
Ob neu oder alt, bekannt oder fremd – nach der Wahl gilt für Teltow das gleiche Motto: Potenziale nutzen
Stand:
Ob neu oder alt, bekannt oder fremd – nach der Wahl gilt für Teltow das gleiche Motto: Potenziale nutzen Von Peter Könnicke Teltow. Rolf-Dieter Bornschein weiß, was die Teltower betroffen macht. Als Vorsitzender des Stadtparlamentes hat er einmal im Monat die Teltower zum Gespräch eingeladen. Dabei hätten sie über eines besonders geklagt: Über fehlende Ordung und Sauberkeit in der Stadt. „Da müssen wir zu neuen Ufern kommen“, schlussfolgert Bornschein. Wenn die angehenden Stadtverordneten die Aufforderung ernst nehmen, können sie mehreres gleichzeitig tun. Sie können, so wie es in etlichen Wahlprogrammen zu lesen ist, für bessere Aufklärung über Rechte und Pflichten der Einwohner bei der Grundstückspflege sorgen und so gleichzeizig mehr Bürgernähe herstellen. Denn wer miteinander redet, ist sich nahe. Folgt man der Lektüre auf so mancher Leserpostseite hiesiger Zeitungen, fühlen sich Teltower vor allem bei einem Thema nicht ausreichend ins Gespräch eingebunden: beim Ausbau der Siedlungsstraßen. Was einst in der Beethoven-Straße begann , endete vorläufig An den Lindbergen. Neben dem Streit über Art und Umfang des Ausbaus monierte ein Teil der Anwohner vor allem ein Informationsdefizit und eine gewisse Unzuverlässigkeit vorheriger Absprachen mit Stadtverordneten. Nun haben nahezu alle Parteien und Initiativen, deren Kandidaten sich am Sonntag um die neuen Mandate bemühen, den Ausbau der Siedlungsstraßen als eine der wichtigsten Aufgaben für Teltow ins Wahlprogramm geschrieben. Beim Teltower Reichtum an kleinen, unbefestigten Straßen düften in den kommenden Jahren nicht wenige Teltower Grundstücksbesitzer mit dem Gedanken aus Rathaus und Parlament konfrontiert werden, dass vor ihrer Haustür Fahrbahn, Gehwege und Laternen erneuert werden und sie dafür einen Anteil zahlen sollen. Daher könnte sich manch Teltower genau überlegen, welcher Parlamentsanwärter bekannt ist für Wortreue und Bürgernähe, die weit über den Tag der Wahl hinausgehen. Nicht wenige Kandidaten müssen sich dabei an den vergangenen Jahren messen lassen. Die SPD zum Beispiel tritt mit wohlbekannten Gesichtern an, was CDU-Ortschef Florian Lewens über eine „Altherrenriege“ spötteln lässt. Auch bei der PDS wird auf Bekanntheitsgrad gesetzt, wobei sich von der parteilosen Ex-Bürgermeisterkandidatin und einstigen Beigeordneten Petra Nicksch-Kasdorf kräftige Sogwirkung erhofft wird. Mit Goetz, Stalz und Derlig vertraut die FDP auf den Prominentengrad ihrer Spitzenkandidaten, ebenso sind die BIT-Namen Meister, Fanter, Graumann geläufig. Als „Selbstreinigungsprozess“ hat indes die Teltower CDU ihre Kandidatenkür genutzt. Mit der Abfuhr an ihre langjährigen Fraktionäre zog der Vorstand einen Schlussstrich unter immer währende Querelen. Die geschassten Hartmann, Brylla und Büttner quittierten den „Handstreich“, wie sie es nannten, mit ihrem Austritt aus der CDU und der Gründung der Freien Wählergemeinschaft Teltower Unabhängige. „Stark und geeint wie noch nie“, sieht Lewens die städtische CDU nach diesem Schnitt, was den FDP-Frontmann Goetz zu der Feststellung animiert: „Die FDP ist immer stark und stabil, nicht erst jetzt.“ Es sind die kleinen, sporadisch gesetzten Spitzen, die den Teltower Wahlkampf ein klein wenig pikant machten. Etwa als die CDU vor wenigen Tagen mit der Erkenntnis überraschte, dass das lang geplante Spangensystem untauglich sei und SPD-Spitzenkandidat Berndt Längrich verwundert feststellte: „Im CDU-Wahlprogramm ist die “zügige Umsetzung des Spangensystem“ allerdings festgeschrieben.“ Als CDU-Chef Lewens zudem meinte, dass städtische Steueraufkommen ließe sich durch mehr Zuzug steigern und es dafür vor allem in Seehof genügend unbebaute Grundstücke gebe, sah SPD-Bürgermeister Thomas Schmidt als eher neutraler Beobachter des Wahlkampfes die „Grenze jeglicher Hemmungen überschritten“. Denn es sei bekannt, dass Lewens ein eigenes Interesse habe, Grundstücke in Seehof zu entwickeln. Dass der einstige Sozialdemokrat und wegen seiner Aktie an der Südring-Affäre – die Pleite des Zweckverbandes kostete der Stadt 1,5 Millionen Mark – nicht unumstrittene Peter-Joachim Trog mit Freuden bei der CDU-Liste aufgenommen wurde, gab dem Wahlkampf eine würzige personelle Note. Zuversichtlich geben sich in Teltow alle: Die CDU erwartet Zugewinne, ebenso die FDP. Bei der SPD äugt Längrich etwas ängstlich auf den Bundestrend, doch galt Teltow schon immer als eine rote Hochburg. Deshalb hält auch die PDS den Daumen hoch. Die BIT füht sich als unabhängiges Korrektiv für unentbehrlich, die Grünen bauen darauf, dass sie in vielen Orten als Farbtupfer akzeptiert werden. Eher schwer zu kalkulieren ist das Standing, das die Ex-Christdemokraten Brylla und Hartmann als nunmehr Unabhängige genießen. So bunt die Mischung des neuen Stadtparlamentes ausfallen wird, so klar sind die Aufgaben. Teltow mit seinen mehr als 18 000 Einwohnern verlangt ein ausreichendes Maß an Kitas, Schulen, Versorgungsstätten, Sport- und Kulturflächen. Nachdem der drohende Verkehrsinfarkt schon lange diagnostiziert ist, bedraf es endlich einer heilenden Therapie. Als Durchgangsstraße nach Berlin hat Teltow dennoch – gerade durch das Kanalufer – seine landschaftlichen Reize, die es zu pflegen gilt. Mit der Altstadt wartet ein bauhistorisches Juwel auf seine Politur. Als einstiger Industriestandort gibt es eine beinahe traditionelle Verpflichtung gegenüber Unternehmen und Instituten sowie potenziellen Investoren. Und mit der S-Bahn bekommt Teltow das Privileg, schnell das Tor nach Berlin zu öffnen. All das verlangt eine hohe politische Verantwortung. Parteipolitisches Geplänkel, Profilierungsszenen und das Pflegen persönlicher Neigungen und Interessen werden nicht das Potenzial zum Vorschein bringen, das in Teltow schlummert. Oft waren in Teltower Emotionen Begleiter von Beschlüssen. In Zeiten knapper Kassen werden viel kluger Verstand und Weitsicht gefragt sein. Schon wird von einigen eine „härtere Gangart“ angekündigt. Das muss nicht schaden, wenn dabei „Respekt und Sachlichkeit“ gewahrt gehen, wie der scheidende Parlamentschef Bornschein es den neuen Volksvertretern nahe legt. Der hohe Bekanntheitsgrad zahlreicher Kandidaten kann dem Teltower Wähler bei der Einschätzung helfen, ob sie den Anforderungen, die die Stadt künftig verlangt, gerecht wird. Er kann aber auch auf unverbrauchte Alternativen setzen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: