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Vorzüglich. Jann Jakobs (r.) und Hans-Jürgen Scharfenberg grillen für die Gäste der Suppenküche auf dem Areal der Stadtverwaltung. Zuletzt beißen sie selbst in die Wurst.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Senf und Jever

„Soziales Grillen“ mit Jakobs und Scharfenberg

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Mittag. Scharfenberg ist schon da und wendet Würstchen. Er trägt eine braune Lederschürze, von der er sagt, dass es seine eigene ist, weil er ein „leidenschaftlicher Hobbygriller“ sei. Dann kommt Jann Jakobs hinzu, er wirkt angespannt und begrüßt jemanden mit Handschlag, den er am Morgen, beim Beginn seiner Stadtwanderung in Groß Glienicke mit Handschlag begrüßt hatte. „Ach, das war ja heute“, dämmert es dem Oberbürgermeister. Ihm wird eine Stoffschürze mit Obstmotiven darauf umgebunden, dann heißt es auch für ihn, glibbrige Würstchen und mariniertes Fleisch in die Zange nehmen.

Jörg Jutzi von der Volkssolidarität erinnert sich: Es war bei der Weihnachtsfeier am 24. Dezember 2011, als die beiden Lokal-Kontrahenten Jakobs und Scharfenberg auf die Idee kamen, im Sommer einmal für die Gäste der Potsdamer Suppenküche zu grillen. Die Kosten für Fleisch und Wurst von einem Fleischer aus Babelsberg übernehmen die beiden Politgrößen selbst. Zum Dank erhalten sie von Jutzi einen selbstgebastelten Orden mit der Aufschrift „Soziales Grillen“.

Jeder von ihnen hat einen Grill zu bedienen. Bei Jakobs steigt mächtig Rauch auf, auch schießen Flammen hoch. Das Stadtoberhaupt lässt nichts anbrennen und gießt Wasser auf die glühende Holzkohle. Jakobs und Scharfenberg gelten als Don Camillo und Peppone von Potsdam, doch es scheint auch Gemeinsamkeiten zu geben, denn sie tuscheln beim Grillen. Worum es geht, bleibt unklar. Am Ende sagt der Linke zum Sozialdemokraten: „Ich frag da noch mal nach.“ Obwohl sie per Du sind, ist bekannt, dass beide bisher nur eine verhaltene Freundschaft verbindet. Im Jahr 2010, als Scharfenberg Jakobs erfolglos zum Oberbürgermeister-Wahlkampf-Duell herausforderte, sprach der jeweils eine dem jeweils anderen sogar ab, ein Typ zu sein, mit dem man mal ein Bier trinken könnte. Das ist wahrscheinlich das Schlimmste, was ein Mann mittleren Alters über einen anderen mittleren Alters sagen kann.

Wenn sie das nur gewusst hätten ! Auf die Frage, was für ein Bier er gern trinke, wenn er am Wochenende mal grille, sagt Jakobs als Ostfriese: „Becks!“ Mit Ausrufungszeichen und mit erstrahlendem Gesicht. Scharfenberg dagegen druckst erst rum, weiß nicht so richtig, will selbst als Ostdeutscher an Radeberger nicht so richtig ran, sagt dann aber zur allgemeinen Überraschung und auch mit Ausrufungszeichen: „Jever!“ Da dreht sich der Norddeutsche auf dem Absatz zu dem Erzgebirgler um und ruft erfreut: „Du trinkst Jever? Das Bier aus meiner Heimat?“

Als alles gut durch ist, stellen sich die Gäste der Suppenküche an und erhalten wunschgemäß Bratwurst oder Steak oder auch beides. „Eine tolle Geste von ihnen“, versichert einer, der sich als „Herr Lenz“ vorstellt. Nach getaner Arbeit beißen zuletzt auch Jakobs und Scharfenberg in die Wurst. Jakobs nimmt Senf dazu. Scharfenberg würde man mit politischem Hintergedanken sicher gern knallroten Werder-Ketchup unterstellen. Aber denkste. Der Linke mag auch Senf.Guido Berg

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