Homepage: Sensible Wesen
Margarethe von Trotta leitete eine Werkstatt für Schauspielführung an der Filmhochschule HFF
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Sie kennt es aus eigener Erfahrung. Margarethe von Trotta hat selbst zehn Jahre vor der Kamera gestanden, bevor sie anfing Regie zu führen. Und das ist es, was die renommierte deutsche Filmregisseurin („Die Bleierne Zeit“, „Rosenstraße“) dem Nachwuchs an Potsdams Filmhochschule (HFF) vermitteln will. „Einmal im Leben müsst ihr selbst vor der Kamera stehen, um zu verstehen, wie ausgesetzt man als Schauspieler ist“, habe sie den Studenten gesagt. Seit zwei Wochen vermittelt von Trotta acht Studierenden der HFF in einem Workshop, wie man richtig mit Schauspielern umgeht. „Das muss man lernen, denn Schauspieler sind sehr sensible Wesen“, sagt sie im Gespräch.
Die Werkstatt „Schauspielführung für Regiestudenten“ fand auf der Grundlage einer Szene aus von Trottas Film „Die andere Frau“ statt. Die Studierenden drehten die Szene mit den beiden Schauspielerinnen Esther Esche und Ulrike Hübschmann noch einmal, um so den Umgang mit den Darstellern zu erlernen.
Keine einfache Szene ist es, die dafür ausgesucht worden war. Ivonne Schumacher erhält in „Die andere Frau“ einen kuriosen Brief von Vera Glaubitz, die seit fünf Jahren wegen Landesverrats im Gefängnis sitzt. Sie behauptet, dass sie von Ivonnes Mann Stefan, einem ehemaligen Stasi-Agenten, angestiftet wurde und mit ihm jahrelang ein eheähnliches Verhältnis gepflegt habe. Also nicht nur banaler Ehebruch ist Thema, sondern auch Verrat und eine dunkle Vergangenheit. Für die Szene, in der Ivonne Vera im Gefängnis besucht, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen, wurde im Studio der HFF eigens ein „Knast“ aufgebaut.
„Ich habe eine Szene gewählt, in der sich die Psyche der Darstellerinnen verändert“, erklärt von Trotta. Eine Herausforderung sowohl für die Studierenden wie auch für die Darsteller. Sie selbst habe sich in dem Arbeitsprozess stark zurückgehalten, erzählt von Trotta. „Ich war ein liebevoll kontrollierendes Auge und habe nur eingegriffen, wenn es nötig wurde“. Was allerdings auch hin und wieder sein musste. Manche Regisseure würden denken, dass man Schauspieler herumschieben könne wie eine Kamera. „Das geht natürlich nicht“, sagt von Trotta. „Schauspieler wollen begreifen, was man von ihnen will, sie wollen ein Konzept, das man auch erklären kann.“ Wenn man das nicht beachte, würden Darsteller bisweilen sogar rebellisch.
Die HFF-Werkstatt sei für die beiden Schauspielrinnen harte Arbeit gewesen, berichtet die Regisseurin. Zum einen hätten die Studierenden sehr anspruchsvolle Konzepte gehabt. Zum anderen hätte die Arbeit für die Darsteller bedeutet, sich immer wieder in neue Charaktere, in neue Interpretationen der Figuren zu begeben. „Das ist wesentlich anstrengender als eine Rolle auf der Bühne oder bei Dreharbeiten, bei der nur ein Regisseur die Charaktere bestimmt“, erklärt von Trotta.
Man müsse einfach davon ausgehen, dass Schauspieler sehr komplexe Wesen sind. So wie beispielsweise Andrea Sawatzki, mit der Margarethe von Trotta den Tatort „Unter uns“ gedreht hat, der vor zwei Wochen in der ARD zu sehen war. Andrea Sawatzki (alias Kommissarin Charlotte Sänger) sei recht kompliziert. „Doch man muss auf diese Kompliziertheit eingehen können.“ Dass die Tatort-Folgen des Hessischen Rundfunks oft eine Nebensache zum Hauptfall machen, habe sie an dem Film gereizt. Am Ende stand nicht mehr der Entführungsfall sondern das Thema Kindesvernachlässigung im Zentrum. Sie hoffe, dass durch Filme wie diesen darüber mehr in der Öffentlichkeit gesprochen wird, sagt Margarethe von Trotta. „Denn Kinder sind Wesen, die sich nicht wehren können.“
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