Landeshauptstadt: Sex ab Klasse sieben
Heutiger Schülergesundheitstag im Treffpunkt Freizeit spart Reizthemen nicht aus
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Wenn Potsdams Schüler heute von 8.30 bis 14.30 Uhr zum Gesundheitstag in den Malteser-Treffpunkt Freizeit eingeladen sind, übernimmt die Klasse 5 b der Dortu- Grundschule eine besondere Aufgabe. Die Elfjährigen bereiten ein „gesundes Frühstück“ zu, das aus Obstsäften und Schnittchen mit Käse, Gurken, Tomaten und anderen Vitaminspendern besteht. Ein Junge hat dafür sogar das Familienrezept für Mandarinenquark mitgebracht. Mit Klassenlehrerin Renate Neeck haben die Kinder die Regeln für ein solches Frühstück im Vorjahr bei einem Besuch der „Grünen Woche“ kennen gelernt.
Die begehrten Schnittchen sind aber nicht so ohne weiteres zu haben, denn zuvor müssen die Teilnehmer mindestens acht Stationen aufsuchen, in denen ihnen gesundheitsbewusstes Verhalten nahe gebracht wird. Dies ist durchaus notwendig, denn auch viele Potsdamer Kids leiden unter Symptomen der Wohlstandsgesellschaft wie Bewegungsarmut und Übergewicht, rauchen, trinken oder nehmen andere Drogen. Gewalt oder Mobbing an den Schulen ist nach wie vor nicht überwunden, Sex ab Klasse sieben keine Seltenheit, mancher leidet schon im Kindesalter an schweren Krankheiten. Nach wie vor sind junge Verkehrsteilnehmer, vor allem Radfahrer, im Straßenverkehr erheblichen Unfallgefahren ausgesetzt.
Das Motto „Eine gesunde Stadt braucht gesunde Kinder“ sei deshalb heute genau so aktuell wie Mitte der 90er Jahre, als der alljährliche Schülergesundheitstag aus der Taufe gehoben wurde, meint Birgit Ukow vom Jugendamt. Es stellt dafür gemeinsam mit dem Gesundheitsamt und dem „Treffpunkt“ auch 2008 wieder eine Fülle von Angeboten auf die Beine. Dabei sind die vielen Vereine und Institutionen, die ein gesundes Leben der jungen, aber auch älteren Potsdamer fördern, unersetzliche Partner. „Alkohol und illegale Drogen“, „Sucht und Körperempfinden“ heißen Workshops der AWO-Suchtberatungs- und -behandlungsstelle und der Suchtpräventionsfachstelle des Vereins Chill out, um gesunde Ernährung nach dem Regenbogenprinzip geht es beim Mädchenverein Zimtzicken“ und um „Liebe, Sex und Verhütung“ bei der AIDS-Hilfe Potsdam. Dort erfahren Schüler ab der 7. Klasse unter anderem, dass sich jeder beim Gesundheitsamt kostenlos und anonym auf HIV-Antikörper testen lassen kann.
Bleiben die Workshops ausgewählten Gruppen älterer Jahrgänge vorbehalten, stehen die 20 Informationsstände mit ihren Aktionen allen Interessenten offen. Neben Sexualität, Suchtprävention und gesunder Lebensweise geht es dort auch um das Leben mit chronischen Krankheiten wie Leukämie oder Multipler Sklerose und Behinderungen im Kindesalter, um Hörhilfen und Zahngesundheit. Aber auch Kosmetiktipps werden nicht ausgespart. Die Kinder können eine Kletterwand bewältigen und einen Lauftest absolvieren. Für Rollstuhlfahrer werden ein Hindernisparcours und Basketball angeboten. Das Kinder- und Jugendbüro des Stadtjugendringes fragt die Teilnehmer, was sich in Potsdam auf dem Weg zu einer kinderfreundlichen Stadt noch verbessern müsste und wie sie sich dabei ihre Mitbestimmung vorstellen.
Potsdam sei für die medizinische und gesundheitliche Betreuung auch der jungen Generation gut aufgestellt, lässt das Gesundheitsamt verlauten. Als Mitglied im 1989 gegründeten deutschlandweiten Netzwerks „Gesunde Städte“ forciere es „die Strategie einer integrierten Lebensqualität, die Bildungsförderung, Gesundheitsentwicklung, den Umweltschutz, soziale Stabilität und Erneuerung im Alltag der Politik“. Dazu sei auch der Schülergesundheitstag ein Baustein. Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
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