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Landeshauptstadt: „Sie haben das Allerbeste gegeben“

Familie, Freunde und Fans feuerten Kevin Kuske im Lange-Bob an – ein „Silber-Abend“ in Potsdam

Stand:

„Silber ist drin.“ Fast wie ein Mantra beten es sich die gut 50 Fans, Freunde, Familienangehörige und Trainingskollegen des Potsdamer Bob-Anschiebers Kevin Kuske am Samstagabend vor. Es ist kurz nach 23 Uhr, bei den Olympischen Winterspielen steht der entscheidende vierte Lauf der Vierer-Bobs im Whistler Sliding Centre an. Kuskes Bob mit Pilot André Lange ist nach solider Fahrt weiter auf dem dritten Rang. Die Bob-Party steigt im Restaurant „Athos“ in der Brandenburger Vorstadt. Sie hat Tradition, denn Wirt Ippokratis Spentza ist der Vater von Kuskes Verlobter Vassiliki, die vor Ort in Vancouver die Daumen drückt.

Kuskes Schwester Josephine Berndt indes ist in Potsdam geblieben: „Wichtig ist, dass sie heil runterkommen“, ist ihre erste Sorge. Die Brünette ist „aufgeregt und nervös“. „Silber ist möglich“, glaubt sie. Dafür wird sie das Vancouver-Maskottchen fest drücken. Genauso wie Kuskes Oma, die zu Hause vor dem Fernseher ein Bärchen als Glücksbringer in der Hand hält.

Peter Rieger, Geschäftsführer des SC Potsdam, erwartet ein „gesundes Risiko um den zweiten Platz. Der zweite Platz ist machbar“, glaubt der Ex-Leichtathlet, der in seinem Club seit 2000 die Bobabteilung mit der Anschieber-Schule etabliert hat. Zu der gehört Gino Gerhardi, Bob-Junioren-Weltmeister 2010, der mit weiteren Potsdamer Nachwuchs-Bob-Talenten im „Athos“ um kurz vor Mitternacht in der ersten Reihe auf dem Boden sitzt, um das Rennen mitzuerleben. Ein Schrei. „Jetzt geht’s los!“ Die gut 50 Augenpaare sind auf den Flachbildschirm gerichtet. Als Kevin Kuske gezeigt wird, wird es kurz sehr laut im Gastraum. „Jawoll, Kevin“, röhrt es aus einer Ecke. Dann der Start. Perfekt. Erste Zwischenzeit - 0,51 Sekunden. „Jaaaah“, hallt es durch das Restaurant. Zweite Zwischenzeit - 0,58 Sekunden. „Come on!“ Peter Rieger ist völlig ruhig, nur sein Gesicht zeigt die Anspannung. Dritte Zwischenzeit - 0,59 Sekunden. Josephine Berndt presst nicht nur Kuscheltier, sondern auch Daumen fest aufeinander. Die letzte Zwischenzeit - 0,68 Sekunden. Ein Jubelschrei aus 50 Kehlen. Zieleinfahrt: - 0,74 Sekunden. Peter Rieger lächelt. Josephine Berndt sinkt in sich zusammen – die Anspannung weicht purer Freude. Bronze ist sicher. Doch was ist mit Silber? Der kanadische Bob geht in den Eiskanal. Der Vorsprung der Whistler-Hausherren schmilzt mit jeder Zwischenzeit, im Restaurant wird der Jubel immer lauter. Es wird hauchdünn, das ahnen alle. Der kanadische Bob schießt ins Ziel, die Zeiteinblendung zeigt: + 0,01 Sekunden. In Potsdam liegt man sich in den Armen. Der deutsche Bob hat Silber erkämpft. „Ich hab’s gesagt“, ist Riegers Kommentar. Die Augen von Kuskes Schwester Josephine Berndt glänzen: „Sie haben das Allerbeste gegeben.“ Wirt Ippokratis Spentza lächelt. „Im Sommer erhält Kevin unsere Goldmedaille“, sagt er. Dann wollen Vassiliki und Kevin heiraten. Kay Grimmer

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