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Leise flüstert der Asphalt. Nur nicht, wenn schnell gefahren wird oder Laster über die sanierte Potsdamer Straße rollen. Das ärgert die Anwohner – und das wiederum ärgert den Baudezernenten.

© Andreas Klaer

Stadtentwicklung: „Sie können ja wegziehen!“

Potsdams Baubeigeordneter Matthias Klipp übergab die sanierte Potsdamer Straße – und lieferte sich Wortgefechte mit Anrainern.

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Eigentlich sollte der offizielle Abschluss der Sanierung der Potsdamer Straße ein feierlicher Akt werden, doch er endete unversöhnlich: Bei der gestrigen symbolischen Übergabe des sanierten Straßenabschnitts zwischen Schulplatz und Amundsenstraße kam es zu Wortgefechten zwischen dem Baubeigeordneten Matthias Klipp (Bündnisgrüne) und Mitgliedern der Bürgerinitiative „Betonpiste B 273 – Lärm macht krank“.

Doch der Reihe nach: Die Anrainer der Potsdamer Straße kämpfen seit Jahren gegen die Lärmbelastung der alten Betonpiste. Die Straße wird täglich von rund 22 500 Fahrzeugen befahren, ein Tempo-30-Limit für Lkws gibt es nur von 22 bis 6 Uhr. Mit der Sanierung der Bundesstraße mit etwa 7850 Quadratmetern lärmvermindernden „Flüsterasphalt“ wurde eine Hauptforderung der Bürgerinitiative erfüllt. Durch die Sanierung kann mit einer Lärmverminderung von drei bis vier Dezibel gerechnet werden. Auch der nördliche Radweg wurde teilweise erneuert sowie ein zusätzlicher Radweg auf der Straße eingezeichnet. Die 800 000 Euro teure Baumaßnahme wurde durch Mittel des Konjunkturpakets II ermöglicht; 300 000 Euro davon übernahm die Landeshauptstadt.

„Es ist deutlich leiser geworden“, lobt die Bornstedterin Eveline Büker, „allerdings wird durch den glatteren Belag auch schneller – also auch lauter – gefahren. Das führt diese Sanierung beinahe ad absurdum.“ Zudem werde vor allem nachts weiterhin schneller als Tempo 50 gefahren, insbesondere von den besonders lauten Lkws. Die Bürgerinitiative sieht keinen Grund sich aufzulösen, da weitere Forderungen, etwa Tempo 30 für alle Fahrzeuge, feste Blitzer oder der Bau einer Umgehungsstraße für Lkws nach wie vor offen bleiben.

So gab es gestern von Seiten der Anrainer nicht nur Lob, sondern auch Fragen nach weiteren Verbesserungen an Matthias Klipp. Mit dem Hinweis auf Geldmangel erteilte der Dezernent Wünschen nach einer Ortsumgehung jedoch eine Absage. Der Anwohner Detlef Büker zeigte Unverständnis dafür, dass die Sanierung exakt am Ortsausgang aufhöre und nicht noch ein Stück weiterführen würde.

Nach weiteren Beschwerden über die Lärmbelastung platzte Klipp der Kragen: „Sie können ja eine Demo machen“, riet er und warf einzelnen Mitgliedern der Bürgerinitiative Undankbarkeit vor. „Wir haben hier 800 000 Euro verbaut und die Bürgerinitiative ist immer noch nicht zufrieden“, sagte der Baubeigeordnete und fügte sarkastisch an: „Los, nehmt den Asphalt wieder weg!“ Mehrere Anwohner warfen Klipp daraufhin Arroganz vor. „Sie dienen nicht den Bürgern, sondern nur den Lobbys“, empörte sich Detlef Büker. Als Büker sich erneut über die Lärmbelastung beschwerte, empfahl Klipp: „Sie können ja wegziehen!“ Klipp stellte klar, dass er bei Forderungen nach Verkehrskontrollen und Tempo-30-Zonen die falsche Adresse sei: „Geben Sie der Polizei mal einen Tipp.“

Eigentlich hatte die Sanierung schon 2010 abgeschlossen sein sollen. Klipp begründete die Verzögerung mit den Bauarbeiten an unterirdischen Rohrleitungen unter der Potsdamer Straße. Dabei habe es „einige Überraschungen gegeben, die zusätzliche Arbeiten erforderlich gemacht hätten“, heißt es von Seiten der Stadt. Der „frühe Wintereinbruch Ende November tat ein Übriges“, da das Aufbringen des speziellen „Flüsterasphalts“ stark witterungsbedingt sei. Erik Wenk

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