Landeshauptstadt: Sie leben mit der Gefahr
Der einzige tödliche Angriff auf einen Brandenburger Polizisten: Vor zehn Jahren starb Martin Heinze
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Der einzige tödliche Angriff auf einen Brandenburger Polizisten: Vor zehn Jahren starb Martin Heinze Von Guido Berg Auf nächtlicher Zivilstreife im Wohngebiet Drewitz/Kirchsteigfeld: Der Polizist Martin Heinze und sein Kollege hatten den Hinweis bekommen, dass Unbekannte an einer Haustür hantieren. Die Zivilfahnder gehen der Sache nach. Aus den Akten ist zu entnehmen, dass sie gegen 3Uhr einen Verdächtigen auf einem Fahrrad bemerken. Sie fahren ihm nach, nehmen „aus taktischen Gründen getrennt die Verfolgung auf“. Was die Ermittler ebenfalls rekonstruieren: Martin Heinze kann noch über Funk eine Festnahme vermelden, dann bricht der Kontakt ab. Der Beamte wird „gegen 4.00 Uhr mit einer vermutlichen Stichverletzung im Oberkörper auf einer Zufahrtsstraße zum Baustellenbereich des Wohngebietes aufgefunden“. Trotz aller Rettungsversuche stirbt der 46-Jährige. Martin Heinze hinterlässt eine Frau und zwei Töchter, damals sieben und 15 Jahre alt. Ein 44-jähriger Pole wird als Tatverdächtiger festgenommen und wegen Totschlages zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Seitdem sind bald zehn Jahre vergangen. Während des letzten Einsatzes von Martin Heinze in den Morgenstunden des 20. August 1995 wurde der geborene Potsdamer Opfer des bislang einzigen tödlichen Angriffes auf einen Polizisten im Land Brandenburg seit der Wende. Laut Polizeioberrat Jörg Barthel, Leiter der Führungsstelle des Schutzbereiches Potsdam, sind aktive Angriffe auf Polizisten relativ selten, sie stagnierten auf niedrigem Niveau. Bei jährlich etwa 20000 Straftaten im Schutzbereich Potsdam registrierte die Hauptwache im vergangenen Jahr 119 Fälle von Widerstand gegen Polizisten – wegrennen, wegreißen, wegstoßen. In 14 Fällen trugen Polizisten dabei Verletzungen davon. Auch in diesem Jahr zeichne die Statistik dieses Bild: Bislang sind sieben Polizisten 2005 im Dienst durch aktiven Widerstand von Delinquenten verletzt worden. Wie Barthel erklärte, werden Polizisten immer wieder auch bei der Sicherung von Demonstrationen tätlich angegriffen. So wurde bei einer Demo Rechtsextremer im November 2004 ein Verkehrsposten von linken Gegendemonstranten mit Steinen beworfen und am Kopf verletzt – „ein Novum“, so Barthel: „Der Kollege hat der Gegendemo eigentlich den Rücken frei halten sollen, damit denen nicht die Autos hinten reinfahren“. Dem „rechten Spektrum“ zugehörig war dagegen eine Gruppe junger Männer, die während des Baumblütenfestes in diesem Jahr einen Zivilfahnder mit Schlägen und Fußtritten offene Platzwunden zufügten. Er wurde angegriffen, nachdem er und sein Partner sich schützend vor einen dunkelhäutigen Mann gestellt hatten, der von dem Schlägertrupp angepöbelt wurde. Ein massiver Angriff dieser Art, so Barthel, komme jedoch selten vor. Die Polizisten wüssten um die Gefährlichkeit ihres Berufes. Barthel: „Sie leben mit der Gefahr.“ Eine 20 Mann starke Fortbildungseinheit unterweise die 350 Polizisten des Schutzbereiches in Eingriffstechniken. Viermal im Jahr üben die Polizisten das Schießen. In Kommunikations-Seminaren erlernen sie die situationsabhängige Wahl der sprachlichen Mittel. „Kommunikation ist immer das erste Mittel des Polizisten, selbst wenn ich rufe, ,Halt Polizei!““, so der Polizeioberrat. Der Tod von Martin Heinze mache alle Kollegen immer noch tief betroffen, auch weil sie wissen, der Angriff richtete sich nicht gegen die Person, sondern gegen die Staatsmacht, gegen die Uniform, die sie alle tragen. Der wegen des Totschlages an Martin Heinze verurteilte Ryszard Lominski bleibt laut Urteil bis 18. August 2010 in Haft – falls er nicht nach Verbüßung von zwei Dritteln der Haftzeit wegen guter Führung vorzeitig entlassen wird.
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