Landeshauptstadt: Silhouette mit Baukränen
Das Stadtschloss war die Initialzündung für den Wiederaufbau der historischen Mitte. Doch die Bagger rollen nicht nur rund um den Landtag im Knobelsdorffschen Gewand – überall im Stadtzentrum wird in den kommenden Jahren gebaut
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Das Stadtschloss steht, an der Alten Fahrt drehen sich bereits die Baukräne für Barberini & Co. Doch auch über den Alten Markt hinaus wird Potsdams Mitte in den nächsten Jahren praktisch zur permanenten Großbaustelle. Ein Überblick.
Garnisonkirche
An der Breiten Straße soll eigentlich Potsdams höchstes Gebäude wiederentstehen: die Garnisonkirche. Mit 88 Metern würde sie das Potsdamer Stadtbild entscheidend prägen – zum Vergleich: Das Mercure-Hotel ist 60 Meter hoch. Schon 2005 wurde der Grundstein für den Wiederaufbau der 1968 gesprengten Kirche gelegt, doch von Bauarbeiten kann noch keine Rede sein. Zuletzt hieß es, diese sollten im Frühjahr 2014 beginnen, doch für den 40 Millionen Euro teuren Turm fehlen noch Spendengelder: Erst sechseinhalb Millionen Euro wurden bislang eingetrieben. Zwar hat der Bund Fördermittel in Höhe von zwölf Millionen Euro zugesagt, allerdings nur, wenn die Gesamtfinanzierung steht. Unabhängig von den finanziellen Problemen hat sich in Potsdam mittlerweile eine recht breite Front gegen das Projekt gebildet. Seit Ende März sammelt eine Bürgerinitiative Unterschriften gegen den Wiederaufbau, gut 8000 sind bereits zusammengekommen. Bei 13 500 Unterschriften steht vermutlich ein Bürgerentscheid an.
Langer Stall
Direkt hinter der Garnisonkirche soll bald der Lange Stall wiederentstehen – als Wohnblock. Allerdings gibt es bislang Uneinigkeit über die Gestaltung – auch ein Wettbewerb konnte diesen Konflikt nicht lösen. Nun haben sich die Fraktionen in einer Arbeitsgruppe darauf geeinigt, die Gestaltung vorerst weitgehend offen zu lassen – in der Stadtverordnetenversammlung am kommenden Mittwoch soll die Auslegung des Bebauungsplans beschlossen werden. Dass die Bauarbeiten bald beginnen können, ist aber ohnehin fraglich. Denn das DDR-Rechenzentrum, das das Land Brandenburg derzeit nutzt, steht teilweise auf dem Grundstück. Weil dafür noch keine Alternative gefunden ist, verzögert sich der Auszug und damit der Abriss des Blocks an der Ecke Breite Straße/Dortustraße. Vermutlich wird auch der private Investor, dem bereits das nördliche Drittel des Langen Stalls gehört, noch mit den Bauarbeiten an seinem Stück des Gebäudes warten.
Brockessches Palais
Der Investor, dem das Stück Langer Stall bereits gehört, ist derselbe, der das Brockessches Palais zu einem Wohnhaus umbauen will. Mit dem Entkernen des barocken Hauses an der Yorckstraße, das Friedrich der Große für den königlichen Glasschleifer Johann Christoph Brockes errichten ließ, hat die Asset Firmengruppe bereits begonnen – Ende des Jahres könnten die ersten Wohnungen fertig sein. Anschließend sollen rechts und links an das Palais noch das Yorck- und das Westpalais angebaut werden, wobei Zweiteres an den geplanten Langen Stall anschließen soll. Der genaue Baubeginn für diese Anbauten ist aber noch unklar. Insgesamt sollen in dem ganzen Ensemble rund 90 Wohnungen entstehen.
Synagoge
An einer der prominentesten Adressen Potsdams, der Schloßstraße 1, sollten die Bauarbeiten eigentlich schon lange abgeschlossen sein, doch wegen Streitereien zwischen den jüdischen Gemeinden steht dort immer noch keine Synagoge. Weil sich die Gemeinden weder über die Gestaltung noch die Nutzung des Gotteshauses einigen konnten, verhängte die Landesregierung als Geldgeberin 2011 einen Baustopp – seitdem ist auf dem Eckgrundstück nichts mehr passiert. Angesichts der sich dem Ende zuneigenden Legislaturperiode der Brandenburger Landesregierung könnte sich dies aber bald ändern. Der zuständige Staatssekretär im Kulturministerium, Martin Gorholt (SPD), hatte Mitte April angekündigt, in ein oder zwei Monaten eine Entscheidung fällen zu wollen. Notfalls will er das Vorhaben auch ohne eine der drei verfeindeten Gemeinden durchziehen.
Alte Fahrt
Gleich mehrere große Baustellen reihen sich an der Alten Fahrt aneinander. Direkt an der Langen Brücke entsteht das Humboldtquartier – bereits im Spätsommer soll dort Richtfest gefeiert werden. Daneben werden der Palazzo Pompei und der Palazzo Chiericati gebaut – zwei Wohnhäuser, die nach historischem Vorbild wiederaufgebaut werden. Noch eine Baustelle weiter wird schon für den Keller des Barberini-Palasts gebuddelt – er soll das Kunstmuseum von Mäzen Hasso Plattner beherbergen. Im Frühsommer beginnt der Hochbau, 2016 soll das Museum mit einer Impressionismus-Ausstellung eröffnet werden.
Fachhochschule
Noch längst nicht gebaut wird hingegen am anderen Ende des Alten Markts. Eigentlich sollte die dortige Fachhochschule längst abgerissen sein und kleineren Wohnhäuser mit historischer Fassade Platz machen, doch daraus wird auch in den kommenden Jahren nichts. Denn den Studenten und FH-Mitarbeitern steht bislang noch kein Ersatzbau zur Verfügung – ein Neubau am Campus Pappelallee, wo auch der Rest der FH bereits untergebracht ist, ist noch nicht fertig. Derzeit geht das Land, das für den Neubau in Bornstedt zuständig ist, von einem Umzug im Herbst 2017 aus. In der Stadt ist man darüber alles andere als glücklich, Mitte Mai soll es ein Krisentreffen zwischen Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und den Staatssekretären der zuständigen Landesministerien geben.
Landesinvestitionsbank (ILB)
Noch 2014 soll es mit einer Großbaustelle auf der anderen Seite der Havel losgehen: Auf den Nuthewiesen gegenüber des Hauptbahnhofs entsteht der Neubau der Landesinvestitionsbank ILB. Noch im Herbst soll mit den Bauarbeiten begonnen werden, Ende 2016 könnten dann die rund 700 Mitarbeiter von ILB, Zukunftsagentur Brandenburg (ZAB) und Landesagentur für Struktur und Arbeit (Lasa) dann von ihrem Hochhaus in der Steinstraße in die drei neuen, U-förmigen Neubauten in der Innenstadt ziehen. Der Parkplatz im Nuthepark muss weichen, dafür wird der Bau einer Brücke hinüber zur Freundschaftsinsel erwogen.
Schwimmbad
Ebenfalls noch 2014 sollen die Bagger südlich des Hauptbahnhofs rollen – so zumindest der ehrgeizige Plan der Stadtverwaltung. Am Brauhausberg soll das neue Schwimmbad entstehen, 2012 hatten sich die Potsdamer bei einer Bürgerbefragung für diesen Standort ausgesprochen. Am kommenden Mittwoch entscheiden die Stadtverordneten über den B-Plan für das Gelände – findet er eine Mehrheit, wird er öffentlich ausgelegt. Läuft alles nach Plan, soll Ende des Jahres mit dem Bau begonnen werden. Ende 2016 muss er fertig sein, weil dann die Betriebserlaubnis für das alte Bad ausläuft.
Nördliche Speicherstadt
Vom neuen Badstandort aus gesehen jenseits der Leipziger Straße wird ebenfalls bald gebaut, und zwar an der Fortsetzung der Speicherstadt. Fünfgeschossige Häuser mit bis zu 270 Wohnungen sollen dort entstehen, zudem ein großes Hotel mit einer Geschossfläche von 13 700 Quadratmetern, dessen Fassade zum Hauptbahnhof zeigt. Derzeit wird der B-Plan für die Fläche öffentlich ausgelegt. Anschließend will die städtische Bauholding Pro Potsdam, der das Gelände gehört, einen Investorenwettbewerb durchführen, um die Gestaltung der nördlichen Speicherstadt beeinflussen zu können.
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