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Landeshauptstadt: Single-Sex-School in alter Kaserne

Am geplanten „Jungengymnasium Bornstedt“ in Potsdam sollen Opus-Dei-Priester Seelsorger sein

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„Hinter der katholischen Kirche“ hieß die Adresse, an der die Initiative zur Gründung eines Jungengymnasiums im Bornstedter Feld ihre Pläne am Montagabend erstmal öffentlich vorstellte. Der Ort könnte stellvertretend für die Position der teilweise dem Opus Dei angehörenden Schulgründungsmitglieder auf einer „Konservativ-Skala“ stehen. Denn die Personalprälatur in der katholischen Kirche, Opus Dei (Werk Gottes), gilt selbst unter Katholiken als ultra-konservativ und vom liberalen Standpunkt aus gesehen noch weit hinter der katholischen Kirche positioniert. Die Werte und Erziehungslehre von Opus Dei soll nun auch Eingang in das geplante „Jungengymnasium Bornstedt“, eine Single-Sex-School, in den alten preußischen Kasernen finden.

Die seelsorgerische Betreuung an der Schule soll beispielsweise durch das Opus Dei vorgenommen werden, erklärt Christoph Rüssel. Er selbst ist Vorstand der Initiative „Stiftung Freie Schulen Berlin- Brandenburg“, seit sechs Jahren Potsdamer und bekennendes Mitglied von Opus Dei. Dabei werben sie mit „Ihre Spiritualität fördert die Umsetzung christlicher Ideale in der alltäglichen Arbeit sowie im Familien- und Gesellschaftsleben“ für die Personalprälatur Opus Dei, das dem Jungengymnasium einen Priester für den Religionsunterricht, die wöchentliche Schulmesse und für weiter seelsorgerische Aufgaben zur Verfügung stellen wird.

Auf die Antwort zu den Bildungsinhalten bei den Naturwissenschaften wurde von den etwa 50 Gästen am Montagabend im Bernhard-Lichtenberg-Haus in Berlin- Mitte gewartet: „Es gibt weder evangelische noch katholische Physik oder Chemie“, sagte Opus-Dei-Priester Wolfgang Weber. Das war mit der Frage des jungen Mannes wahrscheinlich nicht wirklich gemeint. Homosexualität, Sexualität im Allgemeinen, Abtreibung, Darwins Evolutionstheorie „Natürlich unterrichten wir Evolutionstheorie, aber keinen Evolutionismus“, sagte Priester Weber. Die Theorie werde dargelegt, aber wie hinter jede Theorie würden Fragezeichen gesetzt. Und Schüler anderer Konfessionen? Die seien willkommen, man müsse jedoch aufpassen, „nicht unterwandert zu werden“, sagte Horst Hennert. Er ist Vorsitzender des Opus Dei Berlin und vom Trägerverein des Mädchen-Gymnasiums in Jülich. Dort hätten „mohammedanische Mädchen versucht, die Kreuze aus den Klassenzimmern zu entfernen“, so Hennert. Ein anderes Mal sei eine „Mohammedanerin zwei Jahre lang Schulsprecherin gewesen“. Sie habe jedoch andere Interessen vertreten als die der Schule – man trennte sich. „Das ist der Vorteil der freien Schulen. Wir können uns Lehrer und Schüler aussuchen.“ In Potsdam sollen künftig Lehrer aus dem Mädchen-Gymnasium Jülich, an dem das Opus Dei ebenfalls involviert ist, unterrichten.

Die Gäste am Montagabend folgten einer Einladung der katholischen Erziehergemeinschaft Berlin-Brandenburg, die das Treffen aufgrund verschiedenster Medienberichte über die Schulgründung organisiert hatten. Fernsehkameras des ZDF waren während der Veranstaltung nicht erwünscht. Sie mussten vor der Glastür warten, bis die Initiatoren der Schule den Stand ihrer Schulgründung erläutert hatten. Warum sie ausgerechnet in Potsdam Fuß fassen wollen läge vor allem an den finanziellen Mitteln zum Betrieb der Schule und der Nähe zum südwestlichen Berliner Bezirk Zehlendorf-Steglitz.

Das Land Brandenburg unterstützt private Schule großzügiger als das Land Berlin. Nach dem zweiten Schuljahr können die Schulen mit staatlichen Hilfen rechnen. 94 Prozent der Personalkosten bezahlt Brandenburg, sollte die Schule zugelassen werden. Dennoch, zwanzig Prozent der Gesamtkosten an der privaten Schulen müssten alleine getragen werden, das Schulgeld für Eltern soll jedoch nicht höher als 100 Euro im Monat betragen, sagte Horst Hennert.

Deutschlandweit gibt es nur noch eine handvoll Schulen speziell für Jungen und Knaben, Mädchenschulen gebe es etwa 100. „Es wäre doch interessant zu erfahren, wie die Reaktionen bei der Gründung einer Mädchenschule ausgefallen wären“, sagte Frau aus dem Publikum. Denn die Vorbehalte gegen die Schule sind groß, selbst in den eigenen katholischen Reihen wird die Schulgründung nicht vorbehaltlos unterstützt. Die Initiative zur Gründung der katholischen Grundschule Potsdam will beispielsweise nicht mit den Opus-Dei-Leuten arbeiten. Nicht einmal ein gemeinsamer Standort beider Schulen sei im Gespräch. Das geplante Gymnasium in den Garde-Ulanen-Kasernen zwischen Pappelallee und Voltaireweg soll in den kommenden Jahren (bis 2012) für 20 Millionen Euro zum Schulcampus umgebaut werden – mehrere Bauabschnitte dafür sind geplant. Bis August soll der erste Teil fertig sein, um den Schulbetrieb mit bis zu 50 Schülern in zwei siebten Klassen eröffnen zu können. Neben der Schule sollen auch Wohnhäuser und Gewerbeflächen auf dem Gelände entstehen, da dies als Mischgebiet im Flächennutzungsplan ausgewiesen ist. Eine positive Bauvoranfrage habe die Initiative bereits von der Stadt bekommen, die Kommunalpolitik sperrt sich jedoch gegen den Verkauf der Grundstücke oder Immobilien an den Trägerverein. Die SPD fordert ein Verkaufsverbot per Stadtverordnetenbeschluss.

Die Genehmigung zur Eröffnung der Schule seitens des Bildungsministeriums wird bis Ende Februar erwartet. Sollte sie wegen der Monoeduktion verweigert werden, würde das gerichtlich überprüft werden, machte der Anwalt der Initiative deutlich. Sprich: es wird dagegen geklagt. Schon heute argumentiert die Gründungsinitiative mit Rechtsgutachten von Verwaltungsrichtern und politischen Stimmen. So zitiert Horst Hennert am Montagabend zum Abschluss den früheren Berliner Innensenator und bisherigen Brandenburger CDU-Chef Jörg Schönbohm mit den Worten: „Jungenschule ist das einzig vernünftige. Sehen sie mich an, ich war auf einer.“

Am 23. Februar findet eine Informationsveranstaltung zur Gründung des Jungengymnasiums Bornstedt im Pfarrei St. Antonius in der Plantagenstraße 23/24 in Babelsberg statt.

www.stiftungfsbb.de.

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