Für sicheren Schulweg: Sitzblockade der Kinder
Die Evangelische Grundschule Babelsberg demonstriert am Montagmorgen für einen sicheren Schulweg. Rund 300 Kinder werden mit ihren Eltern und Lehrern auf der Straße sitzen.
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Babelsberg - Pünktlich um 8 Uhr, wenn es sonst zur ersten Stunde klingelt, lässt der Förderverein der Evangelischen Grundschule Babelsberg die Hauptkreuzung vor dem Rathaus des Stadtteils komplett sperren. Zehn Minuten lang will die Schule mit einer Sitzblockade auf die „ganz verheerende Verkehrssituation“ aufmerksam machen, wie Ulrike Simon-Rosin sagt. Sie ist Mutter eines neunjährigen Sohnes und Vorstandsvorsitzende des Fördervereins der Schule. „Es ist nur eine Frage der Zeit“, sagt Simon-Rosin, „dass einem unserer Kinder ernsthaft etwas passiert.“
Zu kurze Grünphasen der Ampel, sodass Fußgänger es lediglich bis zur Mittelinsel schafften und dort auf engstem Raum warten müssten, und vor allem Tempo 50 statt 30 – das beklagen die Eltern. Vor der Tür der Schule in der Rudolf-Breitscheid–Straße sind nach Aussagen des Fördervereins in den vergangenen Monaten mehrere Unfälle geschehen, bei denen vor allem unbeteiligte Fußgänger verletzt worden seien, die an der Ampel warteten. Insgesamt sind laut Polizei im vergangenen Jahr 20 Unfälle registriert worden, bis August dieses Jahres waren es allein 15. Derzeit prüft die Polizei, ob die Kreuzung einen Unfallschwerpunkt darstellt.
Doch die Stadt rührt sich nicht. „Die Verkehrssituation ist bislang absolut unauffällig“, so Sprecher Markus Klier. Bereits 2009 hatten die Eltern der Verwaltung eine Liste mit Vorschlägen eingereicht, um die Kreuzung sicherer zu machen. Ohne Erfolg. Die Straßenverkehrsbehörde sehe keinen Handlungsbedarf, heißt es.
Zur Begründung verweist die Stadt auf bauliche Richtlinien. „Die Ampeln sind so geregelt, dass Fußgänger, die bei Grünbeginn auf einer Straßenseite starten, nicht nur die Mittelinseln erreichen, sondern auch mehr als die Hälfte der zweiten Fahrbahn überqueren können.“ Das sei so legitim. Zu kurz ist die Grünphase in den Augen der Eltern trotzdem: „Die Ampelschaltung ist so, dass Kinder und Erwachsene es nicht über Mittelinseln schaffen“, so Simon-Rosin. So komme es dort zu großen Menschenansammlungen. Außerdem seien die Inseln viel zu eng. „Ein 24er Fahrrad passt nicht darauf. Irgendetwas hängt immer auf der Straße“, sagt Simon-Rosin.
Die Situation sei eine „wirkliche Katastrophe“, empört sich sie. „Ganz viele Eltern haben Angst, ihr Kind allein zur Schule gehen zu lassen.“ Viele Autos, LKWs, Busse und Bahnen würden mit hohen Geschwindigkeiten die Straße befahren. Doch für die Forderung der Eltern nach einem verstärkten Tempolimit sieht die Stadt keine Notwendigkeit. Dabei gelte, so der Förderverein, vor allen anderen Potsdamer Grundschulen Tempo 30. Auf Nachfrage der PNN konnte die Verwaltung die Ausnahme nicht begründen. Stattdessen heißt es: „Das dort aufgestellte Gefahrenzeichen ,Kinder’ dient der Sensibilisierung der Kraftfahrer, deren Aufmerksamkeit entsprechend zu erhöhen und die Fahrgeschwindigkeit entsprechend anzupassen.“ Das tue es eben nicht, erwidert Simon-Rosin. „Das interessiert keinen Autofahrer.“
In Berlin hatte die Senatsverwaltung bereits 2008 vor allen Schulen Tempo 30 angeordnet, auch in Köln und Nürnberg gilt das Tempolimit. „Ein Pkw-Fahrer, der 30 km/h fährt“, sagt Marion Laube vom Verkehrsclub Deutschland, „kann noch rechtzeitig anhalten, wenn ein Kind 15 Meter vor ihm läuft.“ Bei Tempo 50 hingegen komme das Auto erst nach 28 Metern zum Stehen.
Eigentlich hatte der Förderverein die Komplettsperrung der Babelsberger Kreuzung für eine Dreiviertelstunde vorgesehen. Die Polizei genehmigte stattdessen nur eine zehnminütige Aktion. Damit die Kinder nicht länger den Verkehr aufhalten.
Grit Weirauch
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