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Von Jana Haase: So normal wie möglich

Im neuen DRK-Haus für ambulant betreutes Wohnen sollen behinderte Menschen selbstständig leben

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Am Stern - Die große Freude steht Karina Bothe deutlich ins Gesicht geschrieben: Die 31-Jährige strahlt, wenn sie von ihrer neuen Bleibe spricht. Dabei waren die Räume in dem neu eröffneten Haus für ambulant betreutes Wohnen des Deutschen Roten Kreuzes gestern noch leer – bis auf den orangegelben Fußboden. Spätestens zu Karinas Geburtstag im Dezember aber soll der Umzug perfekt sein. „Ein paar Möbel haben wir schon, mein Bett und die Couch nehme ich auf jeden Fall mit“, erzählt die Potsdamerin und lächelt. „Meine erste eigene Wohnung“, freut sie sich.

Eine Premiere ist die neue Einrichtung auch für Jörg Schröder, den Chef der DRK-Behindertenwerkstätten Potsdam gGmbH: Denn es ist das erste ambulant betreute DRK-Wohnhaus in Potsdam, betonte er bei der Schlüsselübergabe. Für sechs bis acht Bewohner ist in dem barrierefrei ausgebauten Zweigeschosser in der Großbeerenstraße Platz. Ein halbes Jahr und 700 000 Euro, davon knapp 230 000 Euro Spendenmittel aus der „Aktion Mensch“, seien in die Sanierung gesteckt worden, so Schröder. Einziehen sollen Menschen mit Behinderungen, die mit einer zeitweisen Betreuung selbstständig leben können. Für sie könne die ambulant betreute Wohnung auch der erste Schritt in Richtung völlige Selbstständigkeit sein.

Dass ein solches Haus notwendig ist, davon ist der Chef der Behindertenwerkstätten überzeugt: „Der Bedarf wächst“, sagt er. Viele der Mitarbeiter in der Werkstatt in der Kohlhasenbrücker Straße lebten noch bei ihren Eltern: „Aber die Angehörigen werden immer älter“, sagt Schröder. Eine Unterbringung im Heim sei jedoch „nicht der richtige Weg“.

Den soll das nun eröffnete Haus dagegen bieten: Dort werden die Bewohner individuell stundenweise betreut. Finanziert wird das auch über Gelder von der Stadt, erklärte Elona Müller (parteilos), Potsdams Sozialbeigeordnete.

Karina Bothe etwa bekommt pro Woche zwei Stunden Hilfe im Haushalt, berichtet ihre Mutter Erika Bothe. „Das ist schon ein schwieriger Schritt“, sagt sie. Das DRK-Haus sei allerdings „ideal“ für ihre Tochter, nicht nur wegen der bezahlbaren Miete: „Für uns ist es auch eine Beruhigung, dass sie hier Leute kennt“, sagt Erika Bothe. Denn die zwei anderen Hausmitbewohner, Kai Lohrmann und Anja Steinleitner, arbeiten wie Karina in den DRK-Werkstätten. Nicht nur der Weg zur Arbeit sei nun kurz, freut sich Karina Bothe: Auch Geschäfte und Ärzte gibt es in der Nähe.

Zwischen 300 und 400 Euro kostet die Miete, so Jörg Schröder. Betriebskosten werden wie in jeder normalen Wohnung abgerechnet, die Mieter können auch etwa ihren Stromanbieter selbst wählen. Sie sollen hier „so normal wie möglich“ wohnen, betont die Sozialbeigeordnete Elona Müller. Das ist auch der Grund dafür, dass sie die relativ kleine Größe der Einrichtung begrüßt. Denn auch das Zusammenleben mit „normalen Nachbarn“ gehöre zum selbstständigen Dasein.

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