PRO & Contra: Sollen Ein-Euro-Jobber Sozialarbeit leisten?
PRO & Contra Es ist traurig und ernüchternd, doch es scheint derzeit unabänderlich: Menschen, die lange keine Arbeit hatten, gehen nun für 1,30 Euro einer Tätigkeit nach. Viele von ihnen fühlen sich dabei wohl – nicht, dass ihnen die „Mehraufwandsentschädigung“ genug wäre, aber es tut ihnen gut, wieder eine Arbeit zu haben.
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PRO & Contra Es ist traurig und ernüchternd, doch es scheint derzeit unabänderlich: Menschen, die lange keine Arbeit hatten, gehen nun für 1,30 Euro einer Tätigkeit nach. Viele von ihnen fühlen sich dabei wohl – nicht, dass ihnen die „Mehraufwandsentschädigung“ genug wäre, aber es tut ihnen gut, wieder eine Arbeit zu haben. Deshalb sollten sie auch eingesetzt werden – dort, wo es etwas zu tun gibt. Und einer dieser Bereiche ist die Sozialarbeit. Ob Kinder, Jugendliche oder alte Menschen, sie alle brauchen Betreuung, schöne Orte, an denen sie sich wohl fühlen können – die allerdings aus den leeren Haushaltskassen der Städte und Kommunen kaum bezahlt werden können. Mit den Ein-Euro-Jobbern kann sich jetzt wieder etwas bewegen im sozialen Bereich. Das kann geschehen, ohne das qualifizierten Fachkräften die Arbeit weggenommen wird. Aber das funktioniert nur, wenn ein entsprechendes Regelwerk aufgestellt wird – an das sich die Träger der sozialen Einrichtungen halten müssen. Sie aber auch alle anderen dürfen sich die billigen Arbeitskräfte nicht zunutze machen, um Geld zu sparen. Im Mittelpunkt muss der Zugewinn stehen – durch das Zusätzliche, was die Ein-Euro-Jobber leisten. Natürlich ist es schwierig, darüber Festlegungen zu treffen, was „Zusätzliches“ ist. Doch es kann und muss gelingen, notfalls wie in Potsdam bereits praktiziert mit der Prüfung von Einzelfällen. Dann profitieren beide Seiten: Jobber und Sozialeinrichtungen. Sabine Schicketanz Die Vorstellung klingt gut: Ein-Euro-Jobber für die Sozialarbeit einsetzen. An qualifizierten Kräften wird es wahrlich nicht fehlen. Sozialpädagogen zählen nicht zu der Berufsgruppe, nach der der Arbeitsmarkt lechzt. Da in vielen Jugendclubs, Kindergärten und anderen sozialen Einrichtungen Personalmangel Alltag ist und in der Kommunen Geldsäckel ständig Ebbe herrscht, scheint dies die Lösung per excellence. Dem Ganzen geschickt das Prädikat „Zusätzlichkeit“ verpassen und alle sind glücklich. Die Kommunen sparen Geld und erfüllen ihre soziale Pflicht, Betreuung ist nicht mehr nur auf Sparflamme zu haben und die arbeitslosen Sozialpädagogen stehen endlich in (Hunger)Lohn und Brot. Nach drei Monaten – wenn der Aspirant sich bewährt – kann das Ein-Euro-Job-Arbeitsverhältnis um drei Monate verlängert werden. Dann ist er garantiert fit für den Arbeitsmarkt, so die Vorstellung der Ein-Euro-Job-Planer, und kann sich vor Angeboten kaum retten. Wahrscheinlicher aber ist, dass ein paar Monate in Arbeitslosigkeit vergehen und der nächste Ein-Euro-Job schon wartet. So kann das Jahr für Jahr weitergehen. Warum gut ausgebildete und hochqualifizierte Sozialarbeiter entsprechend bezahlen? Solange es genug Arbeitslose gibt, denen man der „Zusätzlichkeit“ entsprechend eine „Chance“ geben kann? Und auf die Gefahr hin, dass Sozialpädagogen so ihre Arbeit verlieren? Egal, für die findet sich dann auch noch ein Ein-Euro-Job. Dirk Becker
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