PRO & Contra: Sollen Potsdams Schüler Uniform tragen?
PRO & Contra Die Max-Dortu-Schule ist vorgeprescht und will ab Februar 2005 einheitliche Sportkleidung einführen, an einer Schul-Kleiderordnung wird gearbeitet. Die Argumente der Gegner sind vorhersehbar.
Stand:
PRO & Contra Die Max-Dortu-Schule ist vorgeprescht und will ab Februar 2005 einheitliche Sportkleidung einführen, an einer Schul-Kleiderordnung wird gearbeitet. Die Argumente der Gegner sind vorhersehbar. „Wir können uns nicht mehr individuell kleiden“, klagen die Gegner von Schuluniformen. Doch weshalb die Aufregung? In diesem Sommer erst veröffentlichten Gießener Unterrichtsforscher eine Studie über den Nutzen von Schuluniformen. Sie fanden dabei heraus, dass sich Schüler in einheitlicher Kleidung besser auf den Unterricht konzentrieren können. Gleichzeitig stellten die Gießener Forscher fest, dass die „Einheits“-Schüler ihre Klassenkameraden weniger oberflächlich behandelten als die bunt und markenbewusst eingekleideten „Individualisten“-Schüler ihre Mitstreiter. Im Klartext: In einer Zeit von allgemeinem Markenwahn und immer mehr Familien, die nicht jeden Modetrend ihrer Sprösslinge finanzieren können oder wollen, sinkt die Gefahr, dass Schüler wegen ihrer Kleidung gehänselt und gar gemobbt werden können. Das von den „Uniform“-Gegnern eingebrachte Argument, einheitliche Kleidung würde die Persönlichkeitsentwicklung bremsen, findet hier seine Grenzen: Wegen Kleider-Mobbing können junge Persönlichkeiten noch viel stärker geschädigt werden. Denn wie muss es zum Beispiel für einen 13-jährigen sein, wegen seiner billigen Sportschuhe oder seinem Aldi-T-Shirt ständig ausgelacht zu werden? Gleichwohl ist es illusionär zu glauben, dass Schuluniformen alle Probleme an Lehranstalten lösen. Aber wenn die Lehrer mit gutem Beispiel vorangehen und sich einheitlichen Kleidungsregeln unterwerfen, dazu die Uniformen stilvoll aussehen und sie von den Schülern demokratisch ausgewählt werden können, dann wird das Zusammengehörigkeitsgefühl in einer Schule gestärkt und der Sozialneid zurückgedrängt.Henri Kramer Es gibt genügend Beispiele, die belegen, dass sich ein breiter gesellschaftlicher Konsens nicht über das Tragen einheitlicher Kleidung herstellen lässt. Weder blaue Käppis, rote Halstücher oder blaue Blusen konnten die Freiheit, anders zu denken, unterdrücken. Und Identität durch Uniformen zu stiften, ist ein schmaler Grat – gerade die deutsche Geschichte mahnt hier zu einem verantwortungsvollen Umgang. Kinder lernen nicht einander zu respektieren, nur weil sie im Sportunterricht und auf dem Pausenhof gleich aussehen. Gerade der Sport bietet Möglichkeiten, dass Stärkere den Schwächeren helfen, dass Schnelle den Rückstand von Langsamen ausgleichen, dass man lernt, im Team erfolgreich zu sein. Das verlangt kreatives Geschick der Pädagogen und das Talent, junge Menschen zu motivieren. Die Kinder in gleichen T-Shirts antreten zu lassen, löst keine Ungleichgewichte – sie verkleidet sie höchstens. Eine einheitliche Garderobe löst nicht das Problem des Markenterrors und der Cliquenbildung: Sie verschiebt es – vom Schulhof auf die Straße. Unser Nachwuchs ist bei der Wahl von Statussymbolen erfindungsreich. Längst definieren sich Kinder nicht nur über Jeans und Schuhe, sondern entscheiden Handys und die Nummer einer Play-Station über Rang und Ansehen. Kinder in Uniformen zu stecken, ist daher nichts weiter als ein hilfloser und halbherziger Versuch, den heutigen Herausforderungen bei Bildung und Erziehung zu begegnen. Kindern auf ihrem Weg zu einer eigenen Persönlichkeit Halt und Führung zu geben, gelingt nicht durch eine Textilverordnung. Moderne Pädagogik darf sich nicht hinter einem Relikt aus grauer Vorzeit verstecken. Wie inkonsequent der Versuch an der Potsdamer Dortuschule ist, mit einer Uniform gegen Elite-Denken zu wirken, zeigt der Wunsch nach dem Designer: Man dachte an keinen geringen als Joop! P. Könnicke
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: