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Sport: Solo in Moskau

Franziska Weber will die Saison im Einer-Kajak mit einer Medaille bei der Weltmeisterschaft krönen

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Auch vier Wochen nach der Kanu-Europameisterschaft (EM) grinst Franziska Weber über das ganze Gesicht, wenn sie an ihr Rennen im Einer-Kajak in Brandenburg an der Havel denkt. Denn das EM-Wochenende war für sie eigentlich schon so gut wie gelaufen. „Abhaken und möglichst schnell vergessen“, sagte sie nach dem verpatzten Rennen im Vierer-Kajak. Das eigentliche Paradeboot der deutschen Kanuflotte blieb ausgerechnet bei der Heim-EM ohne Medaille. Die Silbermedaille, die sie später an diesem Tag im Einer-Kajak einfuhr, wog daher umso schwerer.

Bei der Kanu-Weltmeisterschaft, die vom vom morgigen Mittwoch bis zum kommenden Sonntag in Moskau stattfindet, will die Potsdamerin nun wieder eine Medaille im Einer ins Visier nehmen.

Dabei ist das Soloboot, in dem die 25-Jährige bei der EM brillierte, nicht unbedingt ihr Liebling. „Ich fühle mich im Mannschaftsboot einfach wohler“, sagt Weber. Die Harmonie im Boot zwischen ihr und ihrer Zweierpartnerin der vergangenen Jahre, Tina Dietze aus Leipzig, sei einfach toll. „Und außerdem ist immer jemand da, mit dem man gemeinsam über die Ziellinie fährt, man freut sich oder trauert dann zusammen“, erzählt Weber, die bei der WM neben ihrer Einzelstrecke auch im Vierer-Kajak über 500 Meter und im Zweier-Kajak über die 200-Meter-Sprintdistanz an den Start gehen wird. Im Mannschaftsboot könne man nichts allein entscheiden, müsse immer auf den Rhythmus der anderen achten. Im Einer hingegen sei man völlig auf sich gestellt.

Doch auch die Leistung in den Mannschaftsbooten hänge vollständig von der Stärke im Einer ab. „Wenn man im Einer langsam ist, braucht man im Vierer gar nicht an den Start gehen“, meint Weber. Deswegen sei der Schritt zum Einer-Kajak für sie kein allzu großer gewesen. Über das ganze Trainingsjahr hinweg trainieren die Kanuten ohnehin häufig im Einer und kommen seltener im Mannschaftsboot zusammen.

„Außerdem wollte ich nicht irgendwann zurückblicken und mich fragen, was ich im Einer hätte erreichen können“, erklärt die Potsdamerin die Gedanken, die hinter ihrer Entscheidung stehen. Dabei hat sie schon reichlich Erfahrungen und Medaillen als Solistin aufzuweisen. Bereits 2009 gewann sie Silber bei der Europa- und bei der Weltmeisterschaft, 2010 folgte WM-Gold im Einer-Kajak über die 1000-Meter-Strecke – der nicht-olympischen Distanz. „Damals bin ich losgefahren wie ein Kühlschrank“, sagt die 25-Jährige heute – gefühlt sei sie nicht vom Fleck gegekommen. Für die olympische Distanz über 500 Meter sei ein guter Start jedoch enorm wichtig. 2011 sei dann der Knoten geplatzt. Dennoch standen für Weber in den vergangenen Jahren die Mannschaftsboote im Vordergrund: Der Vierer-Kajak und vor allem auch der Zweier-Kajak, in dem sie gemeinsam mit Dietze bei den Olympischen Spielen in London 2012 Gold gewann.

„Doch irgendwann wird man auch für die anderen Nationen durchsichtiger“, erklärt Weber. Die Konkurrenz habe sich immer besser auf ihre Renntaktik eingestellt. Deswegen sei der Schritt zum Soloboot auch gleichzeitig eine Maßnahme, dem Duo Weber/Dietze ein wenig Abstand zu gönnen. „Wir sind noch weit genug von den Spielen in Rio entfernt, sodass man jetzt einige Dinge ausprobieren kann.“

Die Erfahrungen, die sie im Einer sammelt, will sie auch in die Mannschaftsboote mitnehmen. Bauchschmerzen mache ihr derzeit einzig die sehr frühe Qualifikation für das Kanu-Top-Team, für das sie sich mit einer Medaille bei der Weltmeisterschaft in Moskau qualifizieren muss, um in der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2016 die bestmögliche Förderung zu erhalten. Mit bei der EM gewonnenem Selbstvertrauen als Treibstoff will Weber nun auch in Moskau auf Medaillenkurs gehen.

Chantal Willers

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